Es war eine beispiellose Erholung, die im zweiten Quartal an den Kapitalmärkten zu beobachten war. Den Nährboden dafür bereitet hatten geld- und fiskalpolitische Maßnahmen gewaltigen Ausmaßes, die nach dem übertriebenen Abverkauf hohe Attraktivität von Aktien sowie der ausgeprägte Pessimismus und die vorsichtige Positionierung weiter Anlegerkreise.
Bereits Mitte April hatte der amerikanische Aktienmarkt ausgehend von seinem Tiefststand am 23. März mehr als 20% zugelegt –technisch betrachtet war der US-Bärenmarkt damit schon wieder Geschichte und ein neuer Bullenmarkt gestartet. Bis Anfang Juni legte der Markt weitere 20% zu und stand nur noch rund 5% unter dem Höchststand von Februar. Skepsis nährte die Rallye. Die Masse der Anleger war weiter unterinvestiert, während die Corona-Infektionszahlen abnahmen, die Beschränkungen schrittweise gelockert wurden und sich eine konjunkturelle Erholung ab-zeichnete. Wie von uns für das zweite Quartal prognostiziert, preisten die Finanzmärkte damit schnell das Szenario einer deutlichen Konjunkturerholung ein. Wir profitierten merklich von unserer leicht optimistischen Positionierung.
Allerdings dürfte sich der Aufschwung im dritten Quartal nicht in dem Ausmaß fortsetzen – auch wenn Anleger weiterhin auf hohen Liquiditätsbeständen sitzen und das bei negativer Realverzinsung. In unserem Kernszenario ohne zweite Infektionswelle rechnen wir mit einem „zähen Sommer“ –einer volatilen Seitwärtsbewegung mit Rückschlägen um bis zu 10%. Unsere Volkswirte erwarten eine häkchenförmige Konjunkturerholung. Nach einer zügigen V-förmigen Erholung des größten Teils der verlorenen Wirtschaftsleistung wird es anschließend eher zäh. So sollten etwa der Konsum und der Arbeitsmarkt länger belastet, die Sparraten erhöht bleiben. Der V-förmige Teil der Erholung dürfte inzwischen weitgehend eingepreist sein und der Markt wird sich nun zunehmend auf den zäheren Teil fokussieren. Zudem nimmt mit der Aufhellung der Anlegerstimmung die Unterstützung durch Sentiment und Positionierung zunehmend ab.
Die Q2-Berichtssaison, insbesondere die Ausblicke der Unternehmen, könnten als Realitätscheck der Erwartungen die weitere Erholung belasten. Weitere stark positive Überraschungen sind nach dem geld- und fiskalpolitischen Feuerwerk im zweiten Quartal auch aus dieser Richtung kaum zu erwarten. Und die politischen Risiken, allen voran die US-Präsidentschaftswahl, der Konflikt zwischen den USA und China wie auch die ungeklärte Brexit-Situation, dürften wieder mehr in den Fokus geraten. Dies spricht kurzfristig gegen eine (deutliche) Übergewichtung bei Aktien, auch wenn es längerfristig keine wirkliche Alternative gibt. Unternehmens-und Schwellenländeranleihen dürften im dritten Quartal die Nase vorn haben. Leicht steigende Renditen dürften sichere Staatsanleihen belasten.
Vor diesem Hintergrund spricht Fondsmanager Andreas Strobl im Insight-Interview über seine Faszination für den deutschen Mittelstand und erklärt, welche Unternehmen aus der Krise gestärkt hervorgehen dürften. Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre.