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Sri Lanka: Tempel, Tee & Traditionen

Auf Teereise mit Sonja Schön

Tee trinken ist eine angenehme und gesunde Alternative zum übermäßigen Konsum von Kaffee, Fruchtsäften und Softdrinks. Wer wissen möchte, wo er herkommt, sollte nach Sri Lanka fahren. Dort ist alles „very british“ – das Wetter, der Tee und die Architektur. Hoch im Bergland machten die Engländer schon im vorletzten Jahrhundert Sommerfrische.

Wo die englische High Society Urlaub machte


Rotgolden und mit vorgewärmter Milch dezent vermengt, duftet der Tee in meiner Tasse. Vor mir steht eine silberne Etagere mit krustenlosen Sandwiches, die mit Gurke, Räucherlachs und Frischkäse belegt sind, sowie Scones (Gebäck) mit Konfitüre und „Clotted Cream“ (Streichrahm). Ein livrierter Ober reicht mir eine weiße Stoffserviette. Ich sitze auf der Terrasse vom Grand Hotel in Nuwara Eliya und blicke auf gepflegte Rasenflächen, Rhododendren, Rosenbeete und Obstbäume. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich meinen, ich sei in „God´s Own Country“ - England“.

Das ist jedoch nicht der Fall. Ich bin ganz woanders, nämlich in Asien, in Nuwara Eliya, Sri Lankas höchstgelegener und „englischter“ Bergkurort (1889 m). Das kleine Städtchen mit rund 25.000 Einwohnern befindet sich inmitten von Teeplantagen und erstreckt sich weitläufig über ein Plateau. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts wusste kaum jemand von dieser Hochebene. Hier waren Hirsche, Elefanten und Leoparden unter sich. Landvermesser waren es, die auf das angenehme Klima mit Durchschnittstemperaturen um die 16 Grad hinwiesen. So wurde der englische Gouverneur Sir Edward Barnes darauf aufmerksam und ließ 1828 eine Straße und eine Herberge für Kranke und Rekonvaleszente bauen, um ihnen eine lange Reise nach England zu ersparen.

20 Jahre später entdeckte Sir Samuel Baker (der spätere Erforscher der Nilquellen) den kleinen Ort, rodete den Dschungel drum herum und legte Felder und Wiesen an. Der Boden, bestehend aus einer tiefen Schicht schwarzen Mutterbodens über gelbem Lehm und Kies, versetzte jeden Gärtner in Euphorie. „In den Augen von Europäern und Siechenden ist es der Himmel von Ceylon“, schrieb 1859 Sir James Emerson Tennent über Nuwara Eliya. 1875 fand im neu erbauten Hippodrom das erste Pferderennen statt, der Hill Club versorgte die Mitglieder mit englischem Lifestyle.

Die Kolonialbeamten ließen sich Cottages bauen, die ebenso in Cornwall oder Yorkshire hätten stehen können. Aus Nuwara Eliya – „Königliche Stadt des Lichts“ wurde „Little England“. Zentrum bis heute ist die Marktgegend rund um die New Bazaar Street. Dort liegen auch das Post Office, der Victoria Park, der Botanische Garten und der 18-Loch-Golfplatz. Höhepunkt der Tourismussaison ist das singhalesische Neujahr (April-Vollmond). Dann können sich die Hotelpreise vervielfachen.  Nuwara Eliya ist jedoch nicht nur als „Sanatorium Ceylons“ weltberühmt, sondern auch für seine „Tea Factories“, die überall im Bergland zur Besichtigung, Verkostung und Kauf einladen wie zum Beispiel „Pedro Tea Estate“ aus dem Jahr 1885.

Geschichte und Fakten

Die ersten Sprösslinge von Teepflanzen kamen Mitte des 19. Jahrhunderts nach Sri Lanka. Sie stammten aus Assam in Indien. Bis dahin wurde in Sri Lanka Kaffee angebaut. Doch eine Rostpilzseuche vernichtete die Plantagen vollständig. So sattelten die britischen Kolonialherren auf Tee um. 1870 konnte der Schotte James Taylor zum ersten Mal Tee erfolgreich anpflanzen. Denn durch die britische Eroberung des Königreiches von Kandy im Jahre 1815 standen große Flächen zur Verfügung, welche sich mit ihrem feuchten Klima, Niederschlägen in der Nacht und Sonne tagsüber, hervorragend für den Anbau von Tee eigneten. Der erste Teegarten hieß „Loolecondera“ und lag ungefähr an derselben Stelle wo sich heute „Pedros Tea Estate“ befindet.

Viele der Tee Büsche sind bereits weit mehr als 100 Jahre alt und liefern immer noch besten Tee. Taylor selbst, ein rastloser Querkopf und trinkfester Junggeselle erlebte bis zu seinem Tod 1892 den rasanten Anstieg des Exports auf 22.900 Tonnen und begründete eine folgenreiche Partnerschaft mit Sir Thomas Lipton, der ihn 1890 besuchte. Lipton hatte die Produktpalette im Lebensmittelhandel seiner Familie, die allein in London über 70 Geschäfte besaß, 1888 um Tee erweitert.

Als findiger Marketingstratege packte er Teemischungen ab und verkaufte sie unter seinem Namen als „Markentee“. Bis heute ist Lipton einer der großen Namen im weltweiten Teegeschäft. Die wachsende Beliebtheit des Tees aus Ceylon (Name von Sri Lanka bis 1972) bei britischen Kunden stimulierte Londoner Konzerne zur Übernahme der kleinen bis mittelgroßen Plantagen. Allein Lipton besaß circa 2300 Hektar „unter Tee“ in Ceylon. Auch „Loolecondera“ wurde verkauft und Taylor 1891 entlassen.

Teewirtschaft als ökonomisches Rückgrat

Was auf den riesigen Plantagen aber schnell fehlte, waren ausreichend Arbeiter. Dieser Umstand führte zu einer großen Migrationswelle von Tamilen aus Südindien, die sich auf der Insel dauerhaft niederließen. Bis heute gibt es ethnische Spannungen zwischen den Singhalesen, welche vorwiegend den Süden Sri Lankas bewohnen und der tamilischen Bevölkerung im Hochland und im Norden. Trotzdem ist und bleibt die Teewirtschaft das ökonomische Rückgrat Sri Lankas. Die kleine Insel, etwa so groß wie Bayern, produzierte nach Angaben des Deutschen Teeverbandes 2014 insgesamt 338.032 Tonnen und liegt damit nach China, Indien und Kenia an 4. Stelle. Sri Lankas Export lag 2014 bei 317.885 Tonnen.

Ceylon Tee – vom Berghang bis in die Tasse

Für ein Grundeinkommen von rund 1000 Rupien (7 Euro) pro Tag ernten die vorwiegend weiblichen Pflückerinnen täglich zwischen 16 und 22 kg Tee. Insgesamt sind auf dem 2.000 Hektar großen „Pedro Tea Estate“, das heute dem Staat gehört, 1250 Arbeiter beschäftigt.  12 Tonnen Teeblätter pro Tag beträgt damit die Ernte allein von dieser Teeplantage. Doch neben den Geheimnissen der Herstellung spielt bereits die Technik des Pflückens eine Rolle. Die zahllosen tamilischen Teepflückerinnen, die auf Sri Lankas steilen Hängen ihre Runden drehen, machen beim Abernten Millionen Mal den gleichen Griff nach zwei zarten, hellgründen Blättern plus der Teeknospe des jungen Triebes. Sorten mit besonders hohem Blütenanteil erhalten das Prädikat „Flowery“ und kommen als FOP (Flowery Orange Pekoe) in den Handel. Silbrig glänzend oder golden leuchten die feinen Blüten später nach dem Brennen zwischen den schwarzen Blattkrümeln hervor und tragen in der Tasse zum blumigen Aroma bei. Die Briten tauften das Wunder „Tips“ – nach dem Mottto „in der Spitze liegt die Würze“.

Himmlischer Genuss

Damit aus diesen saftig grünen Blättern Schwarztee wird, werden sie zunächst auf speziellen Trockenregalen je nach Klima 16-24 Stunden an der Luft getrocknet. Danach werden sie in einem speziellen Verfahren gewalzt, was die Blätter bricht und die Voraussetzung für die anschließende Fermentation des in den Blättern vorhandenen Tannin bildet. Zur Fermentation werden die Blätter in einem gut durchlüfteten, feuchten und kühlen Raum ausgestreut. Je nach Zustand der Blätter ist der Vorgang nach anderthalb bis zwei Stunden beendet. Danach wird der Tee noch einmal in einem Ofen getrocknet, dann gesiebt, verpackt und verschickt. Der Tee aus Sri Lanka hat einen mittelkräftigen, herben, leicht malzigen, frischen und an Zitrusfrüchte erinnernden Geschmack. Eine hohe Lage und damit ein langsames Wachstum garantieren feines Aroma. Die Region um Nuwara Eliya erzeugt weiße Silver Tips und traditionellen schwarzen Tee.

Energy-Drink für die Gesundheit


Laut Statistik trinken die deutschen Bundesbürger jährlich rund 26 Liter Tee pro Kopf. Als er im 17. Jahrhundert nach Europa kam, wurde Tee als Tonikum in Apotheken verkauft. Erst im frühen 18. Jahrhundert fing man an, ihn auch als Genussmittel und Alltagsgetränk zu verwenden. Grundsätzlich fördert Tee die Gesundheit und das Wohlbefinden allgemein, aber es zeigt sich auch, dass viele Inhaltsstoffe ganz bestimmte Bereiche des Körpers beeinflussen, indem sie vor Stress und Krankheit schützen und Knochen und Immunabwehr stärken. So wird Tee längst nicht mehr nur wegen seines Geschmacks, sondern wegen seines umfassenden Nutzens geschätzt.

Hier ein paar Beispiele:
Kopfsache
Polyphenole finden sich in allen Tees und sollen das Risiko degenerativer Erkrankungen senken, da sie im Gehirn Bereiche schützen, die für das Lernen und das Gedächtnis verantwortlich sind. Außerdem enthält Tee den Bitterstoff Koffein, der das Nervensystem stimuliert. Er ist einer der zahlreichen Stoffe, die von den Wurzeln an die Pflanze geliefert werden, um die sich entwickelnden Blattknospen zu schützen und zu nähren. Trockene Teeblätter enthalten ähnlich viel Koffein wie Kaffee, allerdings regulieren und verlangsamen die Tannine (Polyphenole) im Tee seine Freisetzung, sodass das Gefühl der Wachheit länger anhält. Der Koffeingehalt im Getränk hängt von der Art des Tees, der Jahreszeit der Ernte, der Wassertemperatur und der Ziehzeit ab.

Gesunde Zähne
Dank seiner antimikrobiellen Eigenschaften beugt Tee Karies und durch Bakterien verursachten Mundgeruch vor, während das Fluorid die Zähne härtet.

Herzensangelegenheit
Die Polyphenole im Tee liefern antioxidante Flavonoide und neutralisieren die schädliche Wirkung freier Radikale. Deshalb wird ihnen eine krebsvorbeugende Wirkung nachgesagt. Zusätzlich scheinen sie einen positiven Einfluss auf die Prophylaxe von Herz-Kreislauf- und Gefäßerkrankungen zu haben.

Harte Knochen
Es wird angenommen, dass Teetrinker eine höhere Knochendichte haben als Nicht-Teetrinker, weil Tee viel Fluorid enthält.

Gesunde Haut
Die entgiftende Wirkung der Antioxidantien im Tee unterstützt die Zellregeneration und schützt die Haut vor schädlichen freien Radikalen. Trotz des Koffeins wirkt Tee nicht dehydrierend, da er zum größten Teil aus Wasser besteht.

Beliebtes Ritual – der Afternoon Tea

Die Ursprünge des Nachmittagstees, wie man ihn zum Beispiel im Grand Hotel oder im St. Andrew´s in Nuwara Eliya genießen kann, liegen in den 1840er-Jahren, als die Häuser der britischen Oberschicht mit Gaslicht ausgestattet wurden und die Bewohner dadurch später zu Abend essen konnten. Zu dieser Zeit nahm man nur zwei Mahlzeiten am Tag zu sich: Frühstück und Abendbrot. Die gesellschaftlich einflussreiche Duchess of Bedford ging dazu über, gegen 16 Uhr einen Tee und einen leichten Snack zu sich zu nehmen, um die lange Zeit bis zum „supper“ (Abendessen) zu überbrücken. Und sie kam auf die Idee, ihre Freundinnen zu dieser Zwischenmahlzeit in ihr Haus in Woburn Abbey in Bedfordshire einzuladen. Die Gewohnheit sprach sich herum und setzte sich in den Salons im ganzen Land und in den britischen Kolonien durch.

Abwarten und Tee trinken

Der Nachmittagstee ist so tief in der britischen Kultur verwurzelt, dass jeder seine eigene Vorstellung vom richtigen Ablauf hat. Dazu zählt auch die Art, wie man einen Scone korrekt isst: Aufschneiden oder aufbrechen? Die Reihenfolge von Clotted Cream und Konfitüre: Erst die Konfitüre, wie man es in Cornwall macht, oder erst die Clotted Cream, wie es in Devon üblich ist? Gibt man die Milch in den Tee oder den Tee in die Milch? Schließlich hat es Vorteile, zuerst die Milch in die Tasse zu geben. So nahm man früher an, dass die kalte Milch den heißen Tee kühlen und damit die empfindliche Porzellantasse schonen würde.

Trotzdem ist es viel höflicher und praktischer, wenn der Gastgeber den Tee einschenkt und den Gast Milch und Zucker selbst nehmen lässt. Hinzu hat zum Beispiel das Grand Hotel in Nuwara Eliya das klassische Speisenangebot deutlich erweitert. Neben Scones und Sandwiches werden nicht nur Plätzchen, Pralinen, Cupcakes und Kuchen, gereicht, sondern auch Dim Sum und frische Meeresfrüchte. Dazu natürlich Ceylon Tee. Schließlich sagt ein englisches Sprichwort: „Life begins with water, taste begins with tea – das Leben beginnt mit Wasser, Geschmack mit Tee!“

Anreise über Kandy: Zahntempel und Botanischer Garten

Die Anreise ins zentrale Bergland erfolgt in der Regel über Kandy. Dort sollte man auf jeden Fall den legendären Tempel „Dalada Maligawa“ besuchen. Sonore Trommelschläge hallen am späten Nachmittag durch die milde Luft und weisen Pilgern und Touristen den Weg. Sie begleiten die Zeremonien rund um den heiligsten Tempel Sri Lankas, in dem die wichtigste Reliquie des Landes untergebracht ist: ein Backenzahn des Buddha. Wohlbehütet wird dieser Schatz: Vier mächtige Elefantenstoßzähne und zwei Steinlöwen bewachen den Schrein, der Anfang des 18. Jahrhunderts errichtet wurde. Geschenke und Opfergaben gleißen unter dem Licht der Kerzen um die Wette, in den umliegenden Zellen sieht man Mönche in orangenen Gewändern. Der Zahn selbst befindet sich aber erst im zweiten Stock des umliegenden Gebäudes: Auf langen Tischen werden hier Berge von pinkfarbenen Lotusblüten aufgehäuft, und devot gehen die Gläubigen vor einer unscheinbaren Mauernische in die Knie.

„Halle der glückseligen Erscheinung“ heißt das Kämmerchen. Auf goldenen Täfelungen leuchten die Darstellungen von Sonne, Mond und Pfauen. Dahinter hängt schließlich der Reliquienbehälter an goldenen Ketten. Wie bei einer russischen Puppe sind sieben Goldkassetten ineinander verschachtelt. Die kleinste und innerste beinhaltet schließlich den heiligen Zahn. Danach sollte man sich einen Gin & Tonic im kolonialen „Queen´s Hotel“ (1813 erbaut) gönnen. Ein weiteres Highlight ist der Botanische Garten von Peradeniya, rund sechs Kilometer von Kandy entfernt. Besonders empfehlenswert ist eine Zugfahrt von Kandy nach Nuwara Eliya. Die Fahrzeit beträgt rund vier Stunden. Wer will, kommt hier mit den Einheimischen ins Gespräch und kann ihre natürliche Gelassenheit bewundern. „Was immer du tust, tu es mit einem Lächeln“, sagt ein Sprichwort aus Sri Lanka. Weitere Infos: www.meiers-weltreisen.de

Buchtipps:
·    Linda Gaylard: Das Teebuch, Dorling Kindersley Verlag, München
·    Peter Rohrsen: Der Tee, Anbau, Sorten, Geschichte, Verlag C.H.Beck, München
·    Annette Kerckhoff, Michael Elies: Tee zum Heilen und Genießen, KVC-Verlag Essen
·    Rainer Krack, Joerg Dreckmann: Sri Lanka – Handbuch für individuelles Entdecken, Reise Know-How Verlag Peter Rump, Bielefeld.

Text und Fotos: Sonja Schön

 

Veröffentlicht am: 04.03.2016

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