(Dr. Ilona Bürgel) Ich komme am Bahnhof an und warte auf meinen Zug. Um in Ruhe zu reisen, bin ich gern einige Minuten früher da. In Ruhe? Kaum sagt mir die Anzeige auf dem Bahnsteig, dass ich richtig bin, tue ich was? Ich greife nach meinem Handy.
Reflektiere ich die Motive, sind sie logisch und üblich: Produktiv sein zu wollen und die Zeit zu nutzen. Oder aber - und hier stutze ich: Zeit zu überbrücken, um nicht zu sagen, totzuschlagen. Aber: Wenn ich jetzt „mal schnell“ E-Mails lese und „wegarbeite“ - wie sinnvoll ist das?
Alexander Markowitz vom Institut für Informatik an der Uni Bonn hat herausgefunden, dass wir im Schnitt 88 Mal pro Tag auf unser Handy schauen, d. h. 2,5 Stunden damit verbringen. Nur 7 Minuten davon telefonieren wir. Der Rest der Zeit fällt dem Entsperren, um „nur mal zu schauen“, Wettervorhersage, Uhrzeit, Spielen zum Opfer. Bereits ein Handy, das auf dem Tisch liegt, erzeugt Unruhe.
Die drei Verführungen der digitalen Welt
Wir wollen dazugehören
Einer unserer ältesten und damit stärksten Instinkte stammt aus der Zeit, in der wir Menschen Menschen wurden und nur innerhalb der Gruppe überleben konnten. Darauf ist unser Gehirn heute noch gepolt. Der Eindruck, etwas zu verpassen oder sich nicht gruppenkonform zu verhalten, vermittelt uns das Gefühl von Gefahr.
Tipp: Widmen Sie in jeder Woche Ihren realen Freunden mehr Zeit als der Social-Media-Kommunikation.
Wir lechzen nach Aufmerksamkeit und Anerkennung
Kaum einem Kind wurde von seiner Familie ausreichend Aufmerksamkeit zuteil. Die Eltern waren beschäftigt - körperlich, oft jedoch nicht geistig anwesend. Sie haben ihr Bestes getan, doch das Bedürfnis des Kindes, wahrgenommen zu werden, wurde unzureichend erfüllt. Erzogen wurden wir mit Geboten, Verboten, negativem Feedback. Nicht zu zappeln, leise, sauber, ordentlich, fleißig, klug, schnell . . . zu sein. Die Botschaft, die bei einem Kind ankommt, lautet: „Du bist nicht richtig“. Die neuen Medien docken zielsicher an dieses Defizit an, indem sie falsche Hoffnungen auf ausgeprägte Anerkennung und Anteilnahme durch andere wecken.
Tipp: Kümmern Sie sich an jedem Morgen zuerst liebevoll um sich – mit einer kleinen Geste, schöner Musik, Ihrem Lieblingsfrühstück, freundlichen Gedanken über sich.
Wir wollen glücklich sein
Das ist auch gut so. Der Glücksbotenstoff Dopamin wird jedoch bereits dann im Gehirn ausgeschüttet, wenn wir etwas Positives erwarten. Wir checken das Handy nicht, weil eine neue Nachricht eingegangen ist, sondern weil sie eingegangen sein könnte. Von anderen Suchtmitteln wie Zucker oder Alkohol wissen wir: Die Dosis muss ständig gesteigert werden, um denselben Effekt zu erzielen.
Tipp: Schreiben Sie eine Liste mit 30 kleinen Dingen, die Sie glücklich machen – ein Stück Schokolade, ein lieber Anruf, ein gutes Buch - und gönnen Sie sich täglich etwas davon.
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Erfahrung
„Tolle Praxisbeispiele für eine einfache und schnelle Umsetzung von Maßnahmen, sich auch mal selbst in den Fokus zu stellen. Sehr hilfreich in unserer medienüberfluteten, Immer-erreichbar-sein-wollen/sollen-Zeit. Michael Traub, Abteilungsleiter Marketing Süddeutsche Krankenversicherung a.G.
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Auch ohne Digitalisierung neigen wir in allen Lebensbereichen zu Überanstrengung. Wie Sie gegensteuern können, erkläre ich hier: Strengen Sie sich richtig an!