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Donnerstag, 18. April 2024
   
 

Die monatliche DWS-Marktanalyse

Im August strotzte der Anleihemarkt vor Rekorden

Einmal mehr hat der August zugeschlagen und gezeigt, dass er nicht als Sommerloch herhalten möchte. Kapitalmarktteilnehmern sollte das vertraut sein, denn es ist nicht das erste Mal, dass der August mit Kapriolen auf sich aufmerksam macht.

Im August 2007 kollabierte als Vorbote der Finanzkrise der Interbankengeldmarkt und im August 2015 schockierte die plötzliche Abwertung des Yuan die Finanzmärkte nachhaltig. Und diesmal? Diesmal sind es die Rentenmärkte, die so verschwenderisch mit neuen Rekorden um sich werfen, dass man sich sofort fragt: Ist diesmal wirklich alles anders, oder muss das jetzt doch mal zum Ende kommen? Hier eine Übersicht: In den USA invertierte erstmals seit 2007 die Zinskurve (von 2- und 10-jährigen Staatsanleihen) wieder, 30-jährige Staatsanleihen rentieren erstmals in der Geschichte unter 2 Prozent; letzteres gilt auch für Italien, wo zudem auch die 10-jährigen erstmals unter ein Prozent rutschten. In Deutschland haben 10-jährige Bundesanleihen mit -0,71 Prozent so tief geschlossen wie nie zuvor, zudem tauchten erstmals in der Geschichte 30jährige Anleihen ins negative Renditeterrain. Damit gibt es vom deutschen Staat keine positiv rentierenden Anleihen mehr zu kaufen. Wer jedoch noch im März 100-jährige Anleihe eines großen deutschen Bundeslandes kaufte, lag damit im August 75 Prozent vorne. Weltweit notierten im Spätsommer Anleihen im Wert von 17 Billionen Dollar negativ. 

Mit solchen historischen Dimensionen konnte der Aktienmarkt nicht mithalten, aber auch hier blieb es nach einem sehr schwachen Monatsanfang alles andere als ruhig. In einem Korridor von rund vier Prozent stolperte der S&P 500 hin und her. Man könnte fast meinen, im Rhythmus der Tweets des US-Präsidenten, der im August mehrere Hundert davon absetzte. Ansonsten reichte aber auch der schwache August nicht, um die starke Jahresperformance der Aktienmärkte ernsthaft zu gefährden. Einer der ganz wenigen Sektoren, der im Jahresverlauf Federn lassen musste, waren europäische Banken, die wenig Spaß am wiederbelebten "Niedrigstzinsumfeld" haben.
 
Ansonsten waren im August noch die Rohstoffe erwähnenswert, die fast durch die Bank negativ abschnitten, bis auf die Edelmetalle. Gold durchbrach die 1500-Dollar-Marke je Feinunze, so hoch notierte es zuletzt Anfang 2013. Hier spiegelt sich unserer Meinung nicht nur das gestiegene politische Risiko, sondern insbesondere die rückläufige USRealrendite wider, mit der der Goldpreis negativ korreliert. In Euro gerechnet hat der Goldpreis im August übrigens ein historisches Hoch erreicht. Historisches geschah auch bei Währungen. Erstmals seit 2008 muss man für einen Dollar wieder mehr als sieben chinesische Yuan auf den Tisch legen. Die chinesischen Exporteure wird's freuen, kompensiert dies doch die gestiegenen US-Zölle. Weniger erfreut war der US-Präsident, der sein Amerika noch größer sähe, hätte es nur eine schwächere Währung.1 Gegenüber einem breiten Währungskorb handelt der Dollar mittlerweile 15 Prozent über seinem 20-jährigen Durchschnitt. 
 
Auch wenn wir eine inverse US-Zinskurve alleine nicht als zwingenden Vorboten einer US-Rezession deuten würden, nehmen wir die Gründe für den erneuten Renditefall durchaus ernst, denn ein rosiges Zukunftsbild malen etwa die Zinsen sicher nicht. Ihr starkes Absinken im August dürfte nicht nur auf die erneut sehr akkommodierenden Zentralbanken zurückzuführen sein, sondern auch auf die dunkleren Wolken am ökonomischen Himmel. Zuletzt enttäuschte insbesondere Deutschland, dessen Wirtschaft im zweiten Quartal rückläufig war. Das sequentielle Wachstum der Eurozone im zweiten Quartal halbierte sich damit auf 0,2 Prozent. In China häuften sich enttäuschende Zahlen vom Arbeitsmarkt, der Industrieproduktion und der Kreditvergabe. Und in den USA wiederum lassen die rückläufigen Gewinnmargen der Unternehmen laut volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung aufhorchen.2 Auf globaler Ebene verdichten sich die Sorgen im Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe, der im September den vierten Monat in Folge unter der berüchtigten 50er Marke verharrte, die angeblich die Schwelle zu Kontraktion zeigt. Optimisten verweisen da lieber auf den Dienstleistungsindex, der weiterhin über der 50er Marke liegt, und im Sommer sogar seinen Erholungspfad fortsetzte. 

Um bei politischen Themen den Optimismus zu bewahren, musste man in den vergangenen Tagen schon recht kreativ sein. Und wurde doch schnell enttäuscht. Ja, die Italiener haben (wahrscheinlich) wieder eine Regierungskoalition, und in ihr sitzt eine populistische Partei weniger als in der vorigen Koalition. Mögen tun sich beide Partner trotzdem nicht. Ja, in zwei ostdeutschen Bundesländern haben die Altparteien nicht so Federn lassen müssen, wie zuvor noch befürchtet. Die Ergebnisse der systemkritischen Parteien sind dennoch besorgniserregend. Ja, Boris Johnson agiert derart rigoros, dass er die Anti-No-Deal Reihen so zusammenschweißt, dass ihnen ein Coup gegen seine Pläne noch gelingen könnte. Das Land ist jedoch gespaltener denn je. Und ja, es gibt immer wieder Gespräche zwischen China und den USA. Doch der Handelskonflikt hat im August einmal mehr das bewährte Muster gezeigt: Zwei Schritte vor, einer zurück. Und mit "vor" sind die eskalierenden Schritte gemeint, die bisher immer noch dominieren. Allein im August kündigte Trump erst einen Strafzoll in Höhe von zehn Prozent auf Güter im Wert von 270 Milliarden Dollar an, und etwas später weitere fünf Prozent auf Güter im Wert 520 Milliarden Dollar an. China gibt sich unterdessen in seinen Gegenmaßnahmen immer selbstbewusster. Allerdings zeigen die Unruhen in Hongkong, die just im 70sten Gründungsjahr der Staatsgründung stattfinden, dass selbst Peking nicht alles im Griff hat. Solche Entwicklungen sollte man vor Augen haben, bevor man sich auf die Rationalität politischer Akteure bei der Lösung ihrer Konflikte verlässt. In welche Richtung sich das Rationalitätsniveau der USAdministration beim Handelsstreit im Vorfeld der Präsidentenwahl im Herbst 2020 etwa noch entwickeln wird, muss sich noch zeigen. Beim Brexit lässt sich bereits jetzt in Echtzeit mitverfolgen, wie schnell politische Entwicklungen sich der rationalen Nachvollziehbarkeit entziehen können.
 
AUSBLICK UND ÄNDERUNGEN 

Auch unsere vierteljährliche Strategiekonferenz war von den Themen rasanter Zinsrückgang, Wirtschaftsabkühlung und Handelskrieg geprägt. Diese Gemengelage mündete zwar in immer noch relativ optimistischen Wirtschaftsprognosen, aber nur sehr überschaubaren Renditepotenzialen in fast allen Vermögensklassen. Wir erwarten ein globales Wirtschaftswachstum in Höhe von 3,3 Prozent für 2019 und von 3,4 Prozent für 2020. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die aktuelle Wachstumsabschwächung an Fahrt verliert. Denn ab Herbst dürften sich die Effekte des Handelsstreits deutlich sichtbarer in den Zahlen niederschlagen.  

Die Kehrtwende der Zentralbanken könnte diese Stabilisierung rechtzeitig unterstützen. Der Rentenmarkt hat die für September erwarteten akkommodierenden Schritte ja bereits seit längerem eingepreist. Wir erwarten von der USFederal Reserve (Fed) eine Zinssenkung in Höhe von 25 Basispunkten im September und einen weiteren, gleich großen Schritt bis September 2020. Von der Europäischen Zentralbank (EZB) wiederum erwarten wir ein ganzes Maßnahmenpaket bestehend aus einer Senkung des Depositensatzes von -0,4 auf -0,6 Prozent, die Einführung eines Freibetrags (Tiering System) sowie die Wiederaufnahme der Anleihekäufe. Wir rechnen mit monatlichen Käufen in Höhe von 35 Milliarden Euro ab Oktober. Dies wirkt sich entsprechend auf unsere Zinsprognosen aus. Wir gehen insgesamt von einem länger andauernden Niedrigzinsumfeld aus. Allerdings rechnen wir auch mit einem leichten Anstieg der Inflation und glauben, dass sich die Dynamik der Portfolioumschichtungen – raus aus Aktien und rein in Anleihen –, welche wir im Sommer beobachtet haben, nicht in dieser Form fortsetzen wird. Wir erwarten daher bei den Staatsanleihen in Europa und den USA auf 12-Monatssicht insgesamt mit wenig Bewegung, allenfalls geringen Zinssteigerungen. Entsprechend unterstützt bleibt auch das Umfeld für Unternehmensanleihen. 

Bei Aktien dürfte unserer Meinung nach der Großteil der Rendite von den Dividenden kommen. Zwar profitieren Aktien meist von einem Niedrigzinsumfeld, doch aktuell stehen dem die Wachstums- aber auch Gewinnmargensorgen gegenüber. Die Gewinnschätzungen wurden nach der jüngsten Berichtssaison weiter nach unten angepasst. Regional präferieren wir die USA, deren Wachstumswerte ihre bisherige Outperformance noch weiter ausbauen könnten. Insbesondere unter den Technologiewerten haben erneut viele beeindruckende Quartalszahlen vorgelegt. Schwerer tun sich Finanzwerte in diesem Niedrigzinsumfeld. Untergewichtet sind wir weiterhin bei Immobilien- und Industriewerten. 

Wir trauen Gold auf Zwölfmonatssicht eine Fortsetzung seiner Wertsteigerung zu, während wir bei Öl eher mit einem Seitwärtshandel mit leicht rückläufigem Preis rechnen. 

Aus taktischer Sicht sind wir bei US-Aktien etwas vorsichtiger und könnten uns, auch aufgrund der immer noch überzogenen Gewinnerwartungen in einigen Sektoren weitere Korrekturen vorstellen. Allerdings gilt sowohl für den USAktienmarkt wie auch für andere Aktienmärkte, dass es neben einem negativen auch ein positives Überraschungspotenzial gibt. Seien es Fortschritte beim Handelsstreit, ein glimpflich verlaufender Brexit, oder einfach die Erkenntnis, dass Dienstleistungen und Konsum die Schwäche im verarbeitenden Gewerbe überkompensieren – die Märkte reagieren dieser Tage schnell auf solche Signale.

Bei Anleihen haben wir nach der jüngsten Rally und aufgrund der fortbestehenden politischen und konjunkturellen Unwägbarkeiten aus taktischer Sicht Risiko rausgenommen. So wurden sowohl die Schwellenländer als auch die Unternehmensanleihen der Industrieländer auf "Neutral" zurückgestuft; hier warten wir wieder bessere Einstiegszeitpunkte ab. Bei Staatsanleihen sehen wir in den USA am kurzen Ende noch etwas Potenzial, während wir bei 10jährigen Bundesanleihen eine technische Gegenreaktion, also fallende Preise, erwarten. Unter anderem, weil die EZB schwerlich etwas liefern können wird, was den Markt noch positiv überraschen könnte. 

Bei Währungen rechnen wir mit einer weiteren Abschwächung des chinesischen Yuan gegenüber dem Dollar und haben unseren Zielkurs auf 7,40 Yuan je Dollar angehoben. Unsere bewährte Yen-Position (Aufwertung gegenüber dem Euro) behalten wir bei. Wir halten an unserer neutralen Euro-Dollar Position fest. Bei Kursen unterhalb von 1,10 Dollar je Euro halten wir eine Abwertung des Dollars für wahrscheinlicher als eine weitere Aufwertung.  

DIE MULTI-ASSET-PERSPEKTIVE

Aus Portfoliosicht war die massive Umschichtung von globalen Fondsmitteln im August von Aktien in Renten besonders bemerkenswert. Wir gehen davon aus, dass uns das Niedrigzinsumfeld noch eine ganze Weile begleiten wird. Wir würden es eher Niedrigrenditeumfeld nennen, da wir auf mittlere Sicht in keiner Anlageklasse mit Gesamtrenditen rechnen würden, die weit über dem unteren einstelligen Bereich liegen. Wir legen daher verstärkten Fokus auf kurzfristige Übertreibungen und müssen daher auch taktisch agieren. Um Aktien wird man in diesem Umfeld mittelfristig nicht herumkommen. Wir haben nach den Korrekturen im August die Gewichtung wieder etwas hoch genommen. Die Mischung aus akkommodierender Zentralbankpolitik, einer Ruhepause im Handelskonflikt und einer nachlassenden Gewinnrevisionsdynamik außerhalb der USA machen uns etwas Hoffnung, dass das Pendel auch weiter nach oben ausschlagen könnte. Mittelfristig würden jedoch bei Marktrallies die Aktienpositionen wieder ein Stück weit runterfahren. Gleichzeitig halten wir weiter länger laufende USStaatsanleihen, aber auch Gold und den Yen als Absicherung gegen weitere Marktturbulenzen. Ansonsten mögen wir weiter Hartwährungsanleihen von Schwellenländerstaaten. Bei Unternehmensanleihen bevorzugen wir Euro gegenüber Dollar-Anleihen, vorzugsweise im Investmentgrade-Bereich.

1 Siehe etwa die präsidialen Tweets vom 19. und 30. August.
2 Beispielsweise die Vorsteuergewinne laut NIPA (National Income and Product Account) in Prozent des BIP. 

Prognosen basieren auf Annahmen, Schätzungen, Ansichten und hypothetischen Modellen oder Analysen, die sich als nicht zutreffend oder nicht korrekt herausstellen können. Wertentwicklungen in der Vergangenheit sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Wertentwicklungen. Es kann keine Gewähr übernommen werden, dass Anlageziele erreicht oder Ertragserwartungen erfüllt werden. Quelle: DWS Investment GmbH; Stand: 03.09.2019


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Veröffentlicht am: 04.09.2019

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