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Freitag, 19. April 2024
   
 

Inflation? Oder 'nur' relative Preisänderungen?

... von Peter De Coensel, CIO Fixed Income bei DPAM

Die am Mittwoch, den 11. Mai, veröffentlichten 4,2 % auf Jahresbasis für den US-Verbraucherpreisindex haben die Inflationsdebatte auf ein neues Niveau gehoben. Lassen Sie uns die Diskussion versachlichen, indem wir uns mit dem wichtigen Unterschied zwischen Änderungen der relativen Preise und echter Inflation befassen.

Wie im Jahr 2008 gewinnen die Behauptungen einer hinterherhinkenden US-Notenbank an Zugkraft. Die Aufrechterhaltung der Preisstabilität ist ein vorrangiges Ziel der FED. Im März 2020 hat sie die Zinsen auf null gesenkt und ein aggressives Ankaufprogramm für Vermögenswerte gestartet, um einen deflationären Schock zu verhindern. Bei einem deflationären Schock sinken die Preise für Waren und Dienstleistungen sowie die Einkommens- und Gehaltsniveaus. Die erste Reaktion der FED war also notwendig und maßvoll, als die Weltwirtschaft buchstäblich zum Stillstand kam. Etwa 15 Monate später hofft die Welt, dass die Massenimpfung das Rückgrat der Pandemie gebrochen hat. Sich wieder öffnende Volkswirtschaften lösen eine höhere Volatilität in den Wirtschaftsindikatoren aus. Die offiziellen Inflationsdaten bilden keine Ausnahme.

Zentralbanken haben keine Macht bei der Bekämpfung von relativen Preisänderungen. Allerdings können sie die Inflation kontrollieren. Diese bezieht sich auf den Rückgang der Kaufkraft des Geldes, wenn eine Zentralbank mehr Geld schafft, als die Öffentlichkeit halten will. Inflation manifestiert sich, wenn alle Preise und Löhne zusammen steigen. Inflationswachstum manifestiert sich in dem Moment, in dem die Zentralbanken die Geldmenge in einer übergroßen UND anhaltenden Weise über das nominale BIP-Wachstum hinaus ausweiten. Der Begriff „anhaltend“ ist dabei der Schlüssel, „Quantitative Easing“ kann und sollte nicht ständig verwendet werden. Wir beobachten, dass das globale Geldmengenwachstum genau in diesem Moment die Trendwende geschafft hat. Der größte Beitrag zum Inflationsanstieg auf Monatsbasis von 0,8 % in der vergangenen Woche war auf steigende Preise (+10,1 %) für gebrauchte Autos zurückzuführen, die 0,35 % ausmachten. Weitere Preiserhöhungen waren im Einzelnen bei Hotelübernachtungen (+7,6%) und Flugtickets (+10,2%) zu beobachten. Wir möchten daher betonen, dass eine isolierte Betrachtung von Inflation in Bezug auf Reisen, Öl, Lohn oder Wohnen ein Trugschluss ist.

Ungeachtet dessen sind die Wirtschaftsakteure besorgt. Wir müssen uns auf die Geschwindigkeit konzentrieren, mit der sich der reflationäre monetäre Impuls auf Löhne und Preise auswirkt. Die Höhe des Spielraums und die Erwartungen der Menschen sind zwei starke Transmissionsfaktoren. Letzten Freitag erfuhren wir, dass die Kapazitätsauslastung in den USA auf 74,9 % gesunken ist. Vor zwei Wochen fanden wir eine stabile Erwerbsbeteiligung, einen überraschenden Anstieg der Arbeitslosenquote und enttäuschende monatliche Lohnsummen vor. Die jüngsten Umfragen zu den Inflationserwartungen des Michigan-Instituts zeigen eine gewisse Besorgnis in der Öffentlichkeit, da die 1-Jahres- und längerfristigen 5- bis 10-Jahres-Inflationserwartungen in Richtung 4,6 % bzw. 3,1 % gestiegen sind. Dies könnte durch die Verwechslung von relativem Preisdruck und Inflation beeinflusst sein. Effektiv sind relative Preisänderungen kein monetäres Phänomen. Sie wirken sich als Ergebnis von Preisanpassungen aus, die durch Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage ausgelöst werden. Relative Preisänderungen vermitteln Informationen über die Knappheit bestimmter Güter und Dienstleistungen, die eine effiziente Allokation von Ressourcen in marktbasierten Wirtschaftssystemen antreiben. Die Inflation als solche gibt keine nützlichen Informationen über unsere Konsum-, Produktions- oder Arbeitsmarktoptionen. Außerdem können die Ergebnisse negativ überraschen, wenn Entscheidungen auf der Grundlage eines schlechten Verständnisses des Unterschieds zwischen Inflation und relativen Preisen getroffen werden.

Bis zu einem gewissen Grad ist die Abwertung des US-Dollars ein weiterer Faktor, der die relativen Preise vieler Produkte und Dienstleistungen nach oben drückt. Eine Abwertung des Greenbacks erhöht den Dollarpreis von in die USA importierten Waren und senkt umgekehrt den Fremdwährungspreis aller USD-Güter, die in den USA oder außerhalb der USA produziert werden. Eine Dollarabwertung verringert zudem die Kaufkraft von Rohstoffexporteuren in Nicht-USD-Währungen. Wenn die Preissetzungsmacht auf ihrer Seite ist (man denke an die OPEC-Länder), könnte der Dollarverfall sie dazu veranlassen, ihre Gewinnmargen zu erhöhen, was die USD-Preise der weltweit gehandelten Rohstoffe noch mehr unter Druck setzt. Dieser Prozess vollzieht sich heute vor unseren Augen, ist aber kein Grund, eine strukturell höhere Inflation zu erwarten. Andererseits könnte eine Dollarabschwächung ein Zeichen für eine US-Inflation sein, wenn die FED im Vergleich zu anderen Zentralbanken eine übermäßige Geldmenge schafft. Das ist heute nicht der Fall. Die EZB sowie die Zentralbanken Englands, Japans, Kanadas oder der Schweiz.... sie alle drücken das Pedal bis zum Anschlag durch. Das Herumbasteln an quantitativen Programmen ist dabei nicht von Bedeutung.

Wir sind uns bewusst, dass sich die US-Finanzmärkte erneut auf eine Periode überdurchschnittlicher Inflation einstellen. Wir beobachten, dass diese Märkte nicht auf den Trugschluss hereinfallen, relativen Preisdruck und Inflation zu verwechseln. Die 10-jährigen US-Inflationserwartungen (d.h. 10-jährige US-TIPS) sehen die US-Verbraucherpreis-Inflation auf Jahressicht im Durchschnitt bei 2,54%. Für die nächsten 5 Jahre erwartet der Markt eine annualisierte Inflation von 2,71 %. Das neu geschaffene FED-Politikinstrument ‚Average Inflation Targeting (AIT)‘ ist eingepreist! Auch wenn wir die 2-Jahres-Inflation annualisiert einpreisen und den Basiseffekt aufgrund des deflationären Schocks von 2020 herauslassen, kommen wir auf einen Inflationswert von ca. 2,2%: Das AIT liegt also genau auf Kurs. Die Preisbildung erfolgt auf Kosten tief negativer Realrenditen und sich konsolidierender Nominalrenditen.

Auf dieser Seite des Atlantiks haben wir weniger Grund zum Jubeln. Die deutschen Inflationserwartungen haben sich auf 1,44 % über einen 10-Jahres-Horizont normalisiert und liegen damit immer noch deutlich unter 2 %. Noch beunruhigender ist jedoch, dass die 5-Jahres- und 2-Jahres-Inflationserwartungen bei 1,35 % bzw. schwachen 1,02 % verharren. In der Tat droht der EU nach wie vor ein japanisches Szenario. Zu allem Übel ist der erstarkende Euro ein schlechtes Omen. Sobald die Basiseffekte nachlassen und die EZB den Inflationspfad über ihren Projektionshorizont nicht in Richtung 2,00 % anpassen kann, werden die Märkte europäischen inflationsgebundenen Anleihen nicht wohlgesonnen sein.

 

Veröffentlicht am: 24.05.2021

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