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Mittwoch, 24. April 2024
   
 

"Man darf niemals aufgeben, die Kunst einzusetzen, um die Welt zum Besseren zu verändern"

Interview mit Shira Cohen, Guest Relations Managerin, Sopranistin und engagierte Frau



2021 wurde das Ermelerhaus mit der Konzertreihe "Bel Etage“ zum Konzerthaus. Jetzt wird mit einer neuen Konzertreihe daran angeknüpft, die von einer eigenen Mitarbeiterin inspiriert wurde und auch von ihr vorgetragen wird. Die Premiere steigt am 16. Dezember.


Es geht um Frauen in der Literatur, der Kunst und Musik. Eine historische Zeitreise mit Lyrik und Musik. So geht es um die Charaktere der Donna Elvira in Mozart’s Don Giovanni, Marguerite-Gretchen aus Goethe’s Faust, Charlotte aus "Die Leiden des jungen Werther“ und Tatyana aus Pushkin’s "Eugene Onegin“.

Shira Cohen arbeitet im art’otel berlin mitte als Guest Relations Managerin. Ihr neuer Beruf, den sie 2021 im Berliner Kunsthotel angetreten hat, macht ihr sehr viel Spaß. Dabei hat die aus Israel stammende junge Frau klassischen Gesang in ihrem Heimatland Israel studiert. Sie trat als Sopranistin bereits in ganz Europa auf. Doch auch wenn sie sich hauptberuflich um die Guest Relations kümmert, hängt ihr Herz noch immer an der Musik. Und so kam ihr die Idee einer eigenen Konzertreihe im historischen Ermelerhaus, das zu ihrer neuen Wirkungsstätte gehört.

Frauen in der Kunst, sind vielleicht außerhalb der Sängerinnen-Gilde immer noch Mangelware. Sind daran wirklich nur die Männer schuld?
Shira Cohen:
Das isteinesehrguteFrage. Am Ende glaube ich, dass es nicht direkt die Schuld von Männern ist, sondern eher ein Ergebnis von Jahren des Patriarchats und von geschlechtsspezifischen Rollen. Während es Männern zu jeder Zeit möglich war, ihre Träume zu verfolgen und ihre Talente zu verwirklichen, blieben Frauen zu Hause, erzogen Kinder und folgten dem üblichen Rollenbild. Unabhängig davon, ob sie künstlerische oder andere Talente hatten. Wenn Frauen es wagten, diese vorherbestimmte Rolle zu leugnen und eine Karriere anzustreben, wurden ihre Kreationen entweder ignoriert oder als „weiblich“ bezeichnet, während „männliche“ Kunst einfach als „Kunst“ bezeichnet wurde. In der Welt, in der wir leben, sollten alle Geschlechter die Möglichkeit und die Pflicht haben, die angestrebten Karrierewege zu verfolgen.
 
Manchmal habe ich den Eindruck, dass es vielen Frauen egal ist, welche Rolle ihr geschlechtliches Gegenüber in der Kunst spielt. Gibt es etwas, das sich in den Köpfen beider Geschlechter ändern muss?
Shira Cohen:
Es stimmt nicht, dass sich Frauen in der Kunst oder in anderen Berufen nicht um Frauen kümmern. Tatsache ist, dass unsere Gesellschaft an die Vorstellung gewöhnt ist, dass weiße heterosexuelle Männer an der Bühnenfront stehen, so dass viele Frauen es als Wagnis empfinden, eine Rolle zu spielen, die traditionell von Männern besetzt ist. Die Gesellschaft reagiert überrascht und beeilt sich, das neue „Phänomen“ zu benennen. Obama wurde von Teilen der Gesellschaft nicht einfach nur als ein US-Präsident betitelt; für sie war er „der schwarze Präsident“. Golda Meir war nicht nur Israels Premierministerin; sie war „die Frau-Premierministerin“. Sappho war nicht nur ein Dichter aus Griechenland; sie war „die griechische Dichterin Frau“ und „die griechische lesbische Dichterin“. Und die Liste ließe sich weiter fortführen. Ich denke, dass es für die jungen Kinder von heute entscheidend ist, in jeder Kunstform oder jedem Beruf verschiedene Vorbilder zu haben – indem wir dies heute tun, können wir morgen etwas verändern.
 

Ich war gerade in der Ausstellung „Surrealismus und Magie“ im Museum Barberini in Potsdam. Da sind relativ viele Werke von Frauen zu sehen. War die Situation in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine bessere für Künstlerinnen?
Shira Cohen:
Dies ist eine sehr weit gefasste Frage, zu der ich aktuell keine profunde Antwort geben kann.
 
Was muss auf Seiten der Frauen passieren, um eine ähnliche Rolle in der Kunst zu spielen wie es seit Jahrhunderten die Männer tun?
Shira Cohen:
Solche Veränderungen können meiner Meinung nach nur „von oben nach unten“ passieren: Wenn Frauen sich körperlich, finanziell und sozial sicherer fühlen würden, würden sie sich wahrscheinlich mehr trauen, ihr Potenzial voll und ganz zu entfalten. Wenn es am Arbeitsplatz gleiche Bezahlung gibt, wenn Frauen sich nicht bedroht fühlen, in von Männern dominierten Bereichen zu arbeiten, wenn die medizinische Forschung stärker auf Frauen ausgerichtet ist, wenn Bildung für Frauen in Entwicklungsländern zugänglich und erschwinglich ist – nur dann würden wir den Aufstand sehen von Frauen in der Kunst und in anderen Bereichen.

Mein Eindruck ist, dass es bis heute so ist, dass erfolgreiche Künstlerinnen – die Sängerinnen wieder ausgenommen – im Gegensatz zu den Männern eher Einzelkämpferinnen, eher Solitäre sind, als Männer. Brauchen Frauen, nicht nur in der Kunst, eine andere Form der Netzwerke, der Zusammenarbeit, der gegenseitigen Förderung als das Männer praktizieren?
Shira Cohen:
Sie kennen bestimmt das Sprichwort „Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine Frau“? Letztendlich arbeiten erfolgreiche Frauen auch im Jahr 2022 im Vergleich zu erfolgreichen Männern härter, um sich das zu verdienen, was sie haben. All dies zirkuliert zurück zu Jahrhunderten sozialer Konventionen, religiöser Unterdrückung und dem Spiel der Geschlechterrollen. Natürlich brauchen Frauen frauenorientierte Versorgungssysteme, Netzwerke und Gesetze. Eine beruflich erfolgreiche Mutter ist für uns immer noch schockierender als ein beruflich erfolgreicher Vater. Daher stimme ich der allgemeinen Aussage, dass erfolgreiche Frauen notwendigerweise „Einzelkämpfer“ sind, nicht zu. Aber ich kann durchaus verstehen, woher Sie diesen Eindruck haben.
 

Sie starten gerade eine Konzertreihe im Ermelerhaus Berlin unter dem Titel „Die Bedeutung der Frauen in der Kunst“. Worauf dürfen sich die Besucherinnen und Besucher freuen?
Shira Cohen:
Die Besucher sollten nicht damit rechnen, einfach passiv auf ihren Stühlen zu sitzen, eine Opern-Arie nach der anderen zu hören und langsam einzuschlafen. Wie die historischen Ereignisse im Ermelerhaus im 19. Jahrhundert wird auch unser Abend ein Erlebnis für Ohren, Augen und Geist. Die Handlung und Geschichte jedes Meisterwerks, die wir performen, wird zuerst kurz vorgestellt. Wobei auf die weiblichen Charaktere und ihre Rollen in der Handlung hingewiesen wird. Darüber hinaus werden wir viele Kunstwerke wie Gemälde und Skulpturen präsentieren, die von verschiedenen Künstlern geschaffen und von den verschiedenen Geschichten inspiriert wurden. Jede der vier Geschichten endet, indem wir Schlüsselarien derselben Frauenfiguren singen.

Und obwohl wir vier Geschichten aus verschiedenen Epochen und Sprachen ausgewählt haben, die alle von Männern geschrieben wurden und den Namen eines Mannes als Titel trafen, werden wir diesen weiblichen Charakteren gerecht. Einfach in dem wir das Bühnenlicht auf sie und ihren Einfluss richten.
 
Haben Sie eine Idee, ob Sie damit mehr Frauen oder Männer ansprechen oder ist Ihnen das egal?
Shira Cohen:
Mir ist es wichtig, dass diese Aufführung eben nicht als „weibliches Konzert“ angesehen wird. Genauso wie es so etwas wie ein „männliches Konzert“ der „männlichen Kunst“ nicht gibt. Ich hoffe wirklich darauf, viele Männer im Publikum zu sehen, nicht mehr und nicht weniger als Frauen. Der einzige Weg zu wahrer Gleichberechtigung besteht darin, die Realität empathisch mit den Augen des anderen zu betrachten und die Welt zu einem sicheren Raum zum Schaffen, Lernen, Vorstellen und Existieren zu machen – und das für alle Geschlechter.
 
Gibt es von Ihnen eine Botschaft an die Frauen und an die Männer – als Kunstmacher und Kunstverbraucher?
Shira Cohen:
Ja – Kunst hat große Macht, und mit großer Macht kommt große Verantwortung. Man darf niemals aufgeben, die Kunst einzusetzen, um die Welt zum Besseren zu verändern.

Foto: Arkadiusz Szedek

 

Veröffentlicht am: 18.12.2022

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