Auf globaler Ebene setzte im vergangenen Herbst eine Zinswende ein. Nach knapp zwei Jahren mit teilweise markanten Zinserhöhungen sind die geldpolitischen Leitzinsen seitdem wieder am Sinken. So gab es seit Oktober 2023 rund viermal mehr Zinssenkungen als Zinserhöhungen. Der Zinssenkungszyklus wurde zunächst vor allem von den Schwellenländern in Lateinamerika und Osteuropa angeführt.
Inzwischen weitet er sich aber immer mehr auch auf die übrigen Schwellenländer sowie die Industrieländer aus. So haben die Schweizerische Nationalbank und die Bank of Canada ihren Leitzins im laufenden Jahr bereits zweimal gesenkt. Und auch die Europäische Zentralbank und die Schwedische Riksbank drehten bereits einmal an der Zinsschraube. Wir sind deshalb überzeugt, dass in den kommenden Monaten auch die anderen großen Notenbanken, allen voran die US-Notenbank Fed, mit tieferen Leitzinsen folgen werden. Mit Ausnahme der Schweiz und Japan bleiben die geldpolitischen Leitzinsen zwar klar im restriktiven Bereich. Der abnehmende Gegenwind von den Notenbanken stellt aber gleichwohl eine willkommene Unterstützung für die Konjunktur sowie die Aktien- und Anleihenmärkte dar.
Eurozone: Wachstumsmotor stottert
In der Eurozone ist die seit Jahresbeginn anhaltende Erholung bereits wieder ins Stocken geraten. Auf der einen Seite haben die Neuwahlen in Frankreich und die Ängste vor einem Handelskonflikt mit China und den USA unter Trump zu einer Stimmungseintrübung geführt. Auf der anderen Seite bleibt die Industrie – insbesondere in Deutschland – ein Bremsklotz. Einige Vorlaufindikatoren deuten auf eine Stagnation zur Jahresmitte hin. Insbesondere die Unternehmen sind vorsichtiger geworden, während das Konsumentenvertrauen dank steigender Nominallöhne und einer Normalisierung der Inflationsrate wieder besser ausgefallen ist. Unser Hauptargument für eine Fortsetzung der verhaltenen Erholung ist denn auch das gestiegene reale verfügbare Einkommen der europäischen Privathaushalte. Bisher haben diese ihre verbesserte finanzielle Lage allerdings zum Sparen und nicht zum Konsumieren genutzt.
Renditenachteil des Yen bildet sich zurück
Die Volatilität auf dem Währungsmarkt hat jüngst wieder zugenommen. Eine besonders starke Bewegung zeigte im Juli der japanische Yen (JPY), der Anfang Juli noch auf einen fast 40-jährigen Tiefstand gegenüber dem Dollar gefallen war. Der USD/JPY-Kurs fiel von 162 bis auf 152, und auch gegenüber dem Schweizer Franken legte der JPY zu. Verschiedene Faktoren haben dazu beigetragen: Zum einen dürften die japanischen Behörden erneut am Markt interveniert haben, um die Währung zu stützen. In Japan nehmen die offiziellen Stimmen zu, die einen weniger schwachen JPY fordern. Gleichzeitig zeigen sich am US-Arbeitsmarkt weitere Zeichen einer Abkühlung, was zuletzt auch bei den Fed-Vertretern mehr Beachtung gefunden hat. Entsprechend wurden am Terminmarkt die Leitzinssenkungserwartungen an die Fed erhöht, und der Renditenachteil des Yen hat sich weiter zurückgebildet. Schließlich dürften die „Risk-off-Stimmung“ an den Märkten und die Auflösung von hohen Short-Positionen die Bewegung verstärkt haben. Die Frage ist, ob sich die Gegenkorrektur nach dieser starken Bewegung so fortsetzen kann. Bewertungstechnisch besteht zumindest noch weiteres Erholungspotenzial. Gemäß dem Kaufkraftparitätsmodell ist der Yen deutlich unterbewertet, auch wenn ein geraumer Teil der Unterbewertung struktureller Natur sein dürfte. Zudem sollte sich der Renditenachteil über die nächsten Quartale weiter verringern.
CHF-Anleihen: Kürzere Laufzeiten – Höhere Verfallsrenditen
Aufgrund der gesunkenen Inflation und der Zinssenkungen der Schweizerischen Nationalbank haben sich die Kurse von Schweizer Obligationen im internationalen Vergleich überdurchschnittlich entwickelt. Um trotz der gesunkenen Verfallsrenditen im Schweizer Anleihenmarkt attraktive Renditechancen zu wahren, lohnt sich ein genauerer Blick auf die Subsegmente des Schweizer Obligationenmarkts. Denn die Verfallsrenditen bei CHF-Obligationen variieren stark. Insbesondere in den kürzeren Laufzeitsegmenten ist die Streubreite hoch, da sich dort eine Vielzahl von verschiedenen Emittenten tummelt. Denn für Emittenten mit etwas niedrigerer Kreditwürdigkeit (BBB-Segment) ist der Kapitalmarkt vor allem mit kürzeren Laufzeiten zugänglich. Deshalb fallen die Verfallsrenditen bei einer Investition in das Obligationensegment von einem bis zehn Jahren höher aus als bei den längeren Laufzeiten. Aufgrund unseres aktuell konstruktiven Konjunkturbilds für die Schweiz erachten wir diesen Risikoaufschlag zurzeit als attraktiv und präferieren daher das kurze Laufzeitsegment.
Das Zugpferd des Aktienmarkts lahmt
Der US-Aktienmarkt hat im Juli einen spektakulären Richtungswechsel vollzogen. Die bisher dominierenden Technologieunternehmen korrigierten stark, während die bisher vernachlässigten US Small Caps einen Performancesprung hingelegt haben. Damit stellt sich die Frage neu, welche Sektoren das 2. Halbjahr 2024 prägen werden. Für eine weitere Outperformance der technologienahen Sektoren spricht die Entwicklung ihrer Gewinne. Das Gewinnwachstum des Nasdaq 100 hat dasjenige des breiten S&P 500 in den letzten fünf Jahren bei Weitem überflügelt. Auch die aktuelle Gewinnsaison gibt keine Hinweise darauf, dass sich dies bald ändern könnte. Die technologienahen Unternehmen haben mehrheitlich gute Zahlen geliefert, doch mittlerweile scheint dies dem Markt nicht mehr zu genügen. Einige Unternehmen wurden trotz ansprechender Zahlen an der Börse abgestraft. Dies ist kurzfristig als Warnsignal zu verstehen, doch wir sind der Meinung, dass das hohe Gewinnwachstum den Technologiebereich mittelfristig wieder unterstützen dürfte.
US Small Caps mit Unterstützung aus der Politik
Kurzfristig gibt es weiteren Raum für die Small Caps aus den USA. Sie profitierten direkt von den gestiegenen Hoffnungen auf baldige Zinssenkungen, da sie einen hohen Anteil an variabel verzinstem Fremdkapital aufweisen. Zudem könnten sie durch die protektionistische Agenda von Donald Trump unterstützt werden, sollte er im November zum Präsidenten gewählt werden. Seine Wirtschaftspolitik beruht darauf, die Industrieproduktion vermehrt ins Inland zu verlagern, was kleinere amerikanische Zulieferer auf Kosten der internationalen Großunternehmen bevorteilen dürfte. Aus Sicht des Gesamtmarkts ist die Erhöhung der Marktbreite, die durch die aktuellen Bewegungen zu beobachten ist, ein willkommenes Zeichen. Für eine anhaltende Rotation am Aktienmarkt bräuchte es aber einen Richtungswechsel bei den Gewinnen der Technologieunternehmen. Für Hinweise darauf warten wir gespannt auf die Quartalszahlen von Überflieger NVIDIA, mit denen aber erst Ende August zu rechnen ist.