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Freitag, 29. März 2024
   
 

Stimmungsumschwung vs. Makro

... eine Unigestion-Marktanalyse

Die Aktienmärkte haben sich in der letzten Zeit trotz düsterer makroökonomischer Daten und eines uneinheitlichen Newsflows an der Pandemiefront als widerstandsfähig erwiesen. Während der Kampf zwischen den Zentralbanken und den Auswirkungen der Eindämmungsmaßnahmen auf das Wachstum tobt, bleibt die Stimmung der Anleger weiterhin von entscheidender Bedeutung.

Solange die unbegrenzte Unterstützung anhält, dürften sich die Abwärtsrisiken für risikoreicher Anlagen in Grenzen halten. Nichtsdestotrotz ist die Streuung über und innerhalb der Anlageklassen nach wie vor hoch, die Marktbreite ist minimal, und die Effekte des gegenwärtigen wirtschaftlichen Zusammenbruchs müssen noch gemessen werden. Vorsicht und gewissenhafte Auswahl sind nach wie vor unerlässlich, um diese gegenläufigen Kräfte zu bewältigen, ebenso wie eine tiefere Analyse, um zu ermitteln, ob der gegenwärtige Stimmungsumschwung von langer oder kurzer Dauer sein wird.

Die Rezession setzt ein

Nachdem wir einige Wochen darauf gewartet haben, die wahren Auswirkungen der Pandemie in den Wirtschaftsdaten zu sehen, besteht kein Zweifel daran, dass die Rezession nun voll im Gange ist. Gemessen am Diffusionsindex unseres firmeneigenen Growth-Nowcasters verschlechtern sich 68% der über 700 Wirtschaftsdatenreihen. Der Indikator selbst weist auf ein Aktivitätsniveau hin, das mit den Rezessionen von 1990 und 2001 vergleichbar ist, mit einer hohen Wahrscheinlichkeit, dass es auf das Niveau von 2008 fallen wird. Umfragen und Frühindikatoren sind bereits auf oder unter diese Niveaus gefallen: Der deutsche IFO-Indikator der Geschäftserwartungen liegt 10 Punkte niedriger als 2008, während die Philadelphia- und Empire Indizes für die Geschäftslage in den USA auf beispiellose Niveaus gesunken sind: -80 bzw. -57, verglichen mit -40 während der GFC. Die Arbeitslosigkeit in den USA stieg innerhalb eines Monats um 26 Millionen (ca. 10% der Erwerbsbevölkerung), und die Art des Schocks lässt nur schwer erkennen, ob die meisten dieser verlorenen Arbeitsplätze in naher Zukunft zurückkehren werden. Jedes Segment der Wirtschaft leidet stark unter dem Schock, wobei Investitionen, Konsum und Erwartungen am stärksten betroffen sind. Die aktuellen Prognosen der BIP-Ökonomen für das Jahr 2020 gehen von einer Schrumpfung von -3,4% in den USA und -5% in Europa aus, entsprechend der Pandemieforschung, die unter einem „Kernszenario" auf eine Schrumpfung von -3% in den USA und -4% in Europa hinweist.

Zur Lösung einer solch komplexen wirtschaftlichen Gleichung ist es entscheidend, die negativen Auswirkungen von Quarantänemaßnahmen mit den von Zentralbanken und Regierungen versprochenen Anreizen zu vergleichen. Bisher war die Reaktion angemessen, massiv und ausreichend, um den Schock (a priori) zu überstehen, mit einem versprochenen Gesamtbetrag von vier Billionen US-Dollar für Asset-Kaufprogramme und Darlehen an die Wirtschaft, gebündelt in COVID-19-Maßnahmenpaketen. Wichtiger als das Ausmaß der gegenwärtigen Schäden ist jedoch die Dauer der Pandemie. Sie wird weitgehend von der Wirksamkeit der Quarantänemaßnahmen und der Zeit bis zur Schaffung eines Impfstoffs bestimmt werden. Nachdem man sich auf die verheerenden wirtschaftlichen Auswirkungen des Virus in Bezug auf den Verlust von Menschenleben und auf das Wirtschaftswachstum konzentriert hat, ist die Stimmung der Investoren positiver geworden. Wir sind nach wie vor der Ansicht, dass die Auswirkungen länger anhalten werden als derzeit angenommen wird. Sind die Marktteilnehmer allzu optimistisch geworden, und ist die Stimmung daher immer noch fragil?

Hat sich die Stimmung wirklich verbessert?

Angesichts eines solch düsteren Makrokontexts scheint die Stimmung, zumindest von der Oberfläche her, zu optimistisch zu sein. Der MSCI All Country World Index ist seit Jahresbeginn „nur“ um 15,9% gefallen, nachdem er im April (per 24. April) einen starken Anstieg um 6,9% verzeichnet hatte und um 23% gegenüber seinem Tiefststand vom 13. März gestiegen war. Der S&P 500 weist sogar noch bessere Zahlen auf, er ist im bisherigen Jahresverlauf um 11,6% gesunken und im April um fast 10% gestiegen. Offensichtlich sind die beispiellosen Beträge, mit denen die Fed die Finanzmärkte überschwemmt hat, um die Liquidität aufrechtzuerhalten und gegen systemische Risiken abzusichern, der Hauptfaktor für eine solch rasche Erholung. Der „Fokuswechsel“ der Investmentwelt war phänomenal. Sie wechselte von „die gegenwärtige wirtschaftliche Kernschmelze ist die schlimmste seit der großen Depression von 1929“ zu „egal was passiert, die Zentralbanken und Regierungen werden die Lage retten".

Es scheint jedoch, dass diese Ansicht nicht von allen Marktteilnehmern geteilt wird: Anleihen-, Credit-, Rohstoff- und Aktienanleger vermitteln nicht die gleiche Botschaft. Die Streuung über und innerhalb dieser verschiedenen Anlageklassen wird immer extremer, während die Breite - der Anteil der Aktien, die zulegen, im Vergleich zu denen, die fallen - alarmierende Werte erreicht hat. Anleihenanleger, die hauptsächlich von der wirtschaftlichen Entwicklung in Bezug auf Wachstum, Inflation und quantitative Unterstützung angetrieben werden, spiegeln eine tiefe, lang anhaltende Art von Schock wider. Die globalen Renditen von Staatsanleihen liegen nur 9 Basispunkte über den jüngsten historischen Tiefstständen von 0,50%, trotz der Billionen von Dollar an fiskalischer Unterstützung. Die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen wird seit Ende März in einem engen Bereich von 0,55% bis 0,75% gehandelt, und die Zinskurven bleiben ziemlich flach. Die 2-10-Jahres-Spreads der USA, Deutschlands und Großbritanniens liegen jeweils bei 37bps, 23bps und 22bps, ein Hinweis darauf, dass sich das zukünftige Wachstum und insbesondere die Inflation nicht so bald erholen werden.

Zunächst erlebten die Credit Spreads eine sehr positive Dynamik dank der wachsenden Risikobereitschaft und der Aufnahme von Sub-Investment-Grade-Namen in die jeweiligen Unternehmenskaufprogramme der Fed und der EZB. Allerdings weiten sie sich inzwischen wieder aus und haben sich von Aktien abgekoppelt In den USA haben die risikoadjustierten Renditen hochverzinslicher Credit Spreads im Vergleich zum S&P 500 eine seit der GFC auf wöchentlicher Basis nicht mehr gesehene Unterperformance geliefert. Die Kreditwürdigkeit hat sich stark verschlechtert, und es wird erwartet, dass die Kreditausfälle in den nächsten 12 Monaten erheblich auf zweistellige Werte ansteigen werden. In der Rohstoffwelt ist die Streuung zwischen Edelmetallen und wachstumsgetriebener Energie bemerkenswert. Gold ist im bisherigen Jahresverlauf um 17% gestiegen, während der erste WTI-Future-Kontrakt um 77% einbrach, wobei er zum ersten Mal überhaupt negativ wurde, als die Nachfrage gleichzeitig mit der Lagerkapazität zusammenbrach. Längerfristige Kontrakte deuten derzeit darauf hin, dass Angebot und Nachfrage im späteren Jahresverlauf ein Gleichgewicht finden könnten. Der Spread zwischen 12 Monaten und 1 Monat liegt in einer Contango- Situation bei 14 Dollar, ein Niveau, das seit Dezember 2008 nicht mehr erreicht wurde.

Bei Aktien hat nur eine begrenzte Anzahl von Sektoren den Aufschwung angeheizt, nämlich Tech, Mega-Caps und defensive Sektoren wie das Gesundheitswesen. Energie und Verbrauchsgüter im S&P 500 liegen im Durchschnitt 50% unter den 52-Wochen-Höchstständen, während IT, Grundnahrungsmittel und Gesundheitswesen nur 10% verloren haben. Die Breite, gemessen an der prozentualen Differenz zwischen dem Index und dem Median der Aktien zu den Höchstständen, ist extrem, was darauf hindeutet, dass eine sehr konzentrierte Anzahl von Aktien für den Aufschwung verantwortlich ist. Dies war in der Vergangenheit ein Frühindikator für große Kursrückgänge, und stellt die Stärke der derzeitigen "Rallye" in Frage.

Infolgedessen hat der Anteil der fünf größten S&P 500-Unternehmen erstaunliche 20% erreicht, mehr als je zuvor. Investoren haben Qualitäts-, Blue-Chip-, defensive und hochprofitable Tech-Namen gegenüber zyklischen, kleinkapitalisierten Value-Namen bevorzugt. Auch wenn die Marktstimmung immer wieder in Frage gestellt wird, ist der Fokus auf Value Aktien (noch) sehr gering. Vorerst rechnen Analysten mit einem Gewinnrückgang von 20% für 2020, was dem derzeitigen erwarteten negativen Wachstum in diesem Jahr entspricht. Die Erwartungen beinhalten jedoch auch eine bedeutende Erholung im Jahr 2021, was impliziert, dass die Eindämmungsmaßnahmen nicht verlängert oder erneuert werden. Unseren Berechnungen zufolge diskontieren die derzeitigen Marktniveaus ein Gewinnwachstum von 0% über das Jahr hinweg, und wir sind nach wie vor der Ansicht, dass Aktien teuer sind.

Schließlich scheint die aktuelle Positionierung bei den wachstumsbezogenen Anlagen niedrig zu sein: Aufgrund des erheblichen Deleveraging, das in den letzten Monaten stattfand, wurden die Aktienexposures in Multi-Asset-Fonds, deren Beta zu Aktien von fast 0,4 auf unter 0,2 fiel, im Durchschnitt um die Hälfte reduziert. Systematische Hebelstrategien waren gezwungen, das Gleiche zu tun, da die Volatilität in die Höhe schnellte und erhöht blieb. Eine Stabilisierung der Stimmung bei Risk Assets wird zu einer weichen Landung der Volatilität führen und diese Strategien mechanisch dazu zwingen, ihre Engagements zu erhöhen. Dies ist ein wichtiges Element, das man im Auge behalten sollte, da es der Rallye durchaus Auftrieb geben könnte.

Selektiv bleiben

Die oben beschriebenen konkurrierenden Kräfte veranlassen uns, bei der Asset-Allokation vorsichtig zu bleiben. Die Unsicherheit ist nach wie vor groß, ebenso wie die Volatilität und die allgemeineren Risikomaße, die unsere Risikominderungsmechanismen systematisch aktiviert halten. Bei der dynamischen Allokation bevorzugen wir Investment- Grade Credits und Edelmetalle auf Kosten von Hochzinsanleihen und Credits aus Schwellenländern sowie zyklische Rohstoffe. Der Kauf von hochwertigen Wertpapieren auf dem Sekundärmarkt durch die Zentralbanken wird in der Tat dazu beitragen, die Anlageklasse zu unterstützen, die auch von renditehungrigen Anlegern bevorzugt wird, während die Spreads für spekulative Werte nicht ausreichend auf künftige Ausfallserwartungen ausgerichtet zu sein scheinen. Wir rechnen mit der Möglichkeit eines weiteren Anstiegs an den Aktienmärkten und versuchen, uns über konvexe optionale Strukturen zu exponieren, um die Aufwärtsbeteiligung dynamisch zu verbessern, sollte die Stimmung weiter steigen.

 

Veröffentlicht am: 30.04.2020

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