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Freitag, 19. April 2024
   
 

Walzer im Dreivierteltakt

... getanzt von Enguerrand Artaz, Fondsmanager bei LFDE - La Financière de l’Échiquier

„Ein Walzer im Dreivierteltakt […] ist einfach betörend“, sang einst der belgische Chansonnier Jacques Brel zum wilden Rhythmus des Akkordeons. Beim Tanz zum ebenso wilden Rhythmus der Marktrally hat der Dreivierteltakt des europäischen Walzers die Anleger ebenfalls betört.

Der erste Schlag Mitte Mai ebnete mit dem ehrgeizigen deutsch-französischen Aufbauplan den Weg für eine Vergemeinschaftung der Schulden auf europäischer Ebene sowie für die Stärkung der Solidaritätsmechanismen. Der zweite Impuls folgte am 27. Mai mit dem Vorschlag der Europäischen Kommission für einen Aufbauplan über 750 Milliarden Euro, der auf dem deutsch-französischen Vorschlag basiert. In der vergangenen Woche vollzog sich dann mit den neuen Maßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) der dritte Schlag.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde verkündete, dass das wegen der COVID-19-Krise aufgelegte Notfall-Anleihekaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) um sechs Monate bis Ende Juni 2021 verlängert und das monatliche Volumen der Käufe nahezu unverändert bleiben solle. Dies bedeutet eine Erhöhung des anfänglichen Umfangs um 600 Milliarden auf 1,35 Billionen Euro.

Überdies bestätigte die EZB, dass die fälligen Wertpapiere des PEPP bis mindestens Ende 2022 wiederangelegt werden sollen. Dagegen wird bisher eine Aufnahme von Wertpapieren mit schlechter Bonität („Ramschanleihen“) ausgeschlossen. Dennoch äußerte Christine Lagarde, dass die EZB die Lage bei diesen Schuldverschreibungen „weiter beobachten wird“, und ließ erkennen, dass sie Käufe nicht ausschließt, wenn die Lage es erfordert.

Diese neue geldpolitische Hilfe, die leicht über den Erwartungen des Marktes liegt, kommt für den vorgeschlagenen Aufbauplan der Europäischen Kommission genau zur rechten Zeit. Das Zusammenwirken von Geld- und Haushaltspolitik schafft das, was man einen sehr soliden „Policy Mix“ nennt. Die Märkte nahmen diese ehrgeizigen Beschlüsse in vielerlei Hinsicht positiv auf. Europäische Aktien übertrafen US-Aktien in den vergangenen Wochen deutlich (mehr als neun Prozent Differenz zwischen dem EuroStoxx 50 und dem S&P 500 seit dem 15. Mai). Die Zinssätze der Peripherieländer, die Hauptnutznießer der möglichen Vergemeinschaftung von Schulden und eines Wohlstandstransfers über den Aufbauplan sind, sanken beträchtlich. So fielen die Zinsen für zehnjährige italienische Staatsanleihen von 1,86 Prozent zu Mitte Mai auf 1,42 Prozent. Die Aussicht auf ein riesiges Konjunkturpaket, verbunden mit extremen Performance- und Bewertungsdifferenzen, kam Value-Aktien zugute: Die unterbewerteten Titel übertrafen Wachstumsaktien seit dem 15. Mai um 6,5 Prozent.

Auch der Euro profitierte in hohem Maße von dieser Situation und stieg von 1,08 US-Dollar zu Mitte Mai auf 1,13 US-Dollar. Hierfür gibt es zwei Gründe: Einerseits den unbestreitbaren Glaubwürdigkeitsgewinn der Europäischen Union durch den Umfang und das Zusammenwirken der angekündigten Maßnahmen und andererseits die hohe Nachfrage nach der europäischen Währung durch ausländische Anleger, die durch die Aussagen von Christine Lagarde noch verstärkt wurde.

In bisherigen Krisen zeigte sich Europa unschlüssig und musste dann die Konsequenzen tragen. Doch dieses Mal gab es kein Zaudern bei der Aufforderung zum Tanz, und die Märkte scheinen ein paar Takte mittanzen zu wollen. Voraussetzung ist allerdings, dass diejenigen, die am Rand der Tanzfläche warten und den Aufbauplan noch ablehnen – vor allem Österreich, die Niederlande, Dänemark und Schweden –, den Ball nicht vorzeitig beenden.

Die Wertentwicklungen sind mit Wiederanlage der Dividenden und in lokaler Währung per 04.06.2020 angegeben.

 

Veröffentlicht am: 09.06.2020

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