^

 

 Suche  | Sitemap  | Mediadaten  | Kontakt  | Impressum  | Datenschutz
       
Freitag, 29. März 2024
   
 

Welche Botschaft vermittelt der Anleihenmarkt?

Unigestion-Marktanalyse von Florian Ielpo

2020 war bisher ein Jahr der Superlative. Sowohl die makroökonomischen Bedingungen als auch das politische Handeln und die Finanzmärkte weisen im Guten wie im Schlechten ein außergewöhnliches Verhalten auf.

Das Wachstum hat sich von einem beispiellosen Schock schnell erholt, aber die Marktentwicklung verlief uneinheitlich und vermittelt je nach Anlageklasse unterschiedliche Botschaften. Wachstumsorientierte Anlagen, insbesondere Aktien, deuten auf eine V-förmige Erholung hin, aber wie sieht es mit Fixed Income aus? Ergibt ein genauerer Blick auf Staatsanleihen, Credits und inflationsgebundene Werte dasselbe Bild, und wenn nein, warum nicht?

Makrofaktoren vs. politische Maßnahmen

Anleihen waren schon immer das wesentliche Makroinstrument. Wachstums- und Inflationserwartungen sind das Alpha und Omega dieser Anlageklasse und dürften auch weiterhin die wichtigsten Preistreiber bleiben. Im letzten Jahrzehnt wurde der ständig wachsende Einfluss der unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen und damit die Störungen im erwarteten Verhalten der Zinssätze (sowohl nominal als auch real) und in jüngster Zeit auch der Credit Spreads angesichts deren Aufnahme in verschiedenen Asset-Kaufprogrammen deutlich. Statt auf Konjunkturschwankungen zu reagieren, sind die Maßnahmen der Zentralbanken heute der stärkste Motor der wirtschaftlichen Aktivität und damit der Hauptakteur im Fixed Income Bereich geworden.
2020 ist keine Ausnahme.

Eine starke Neubewertung der Wachstums- und Inflationsprämie löste über einen sehr kurzen Zeitraum einen Rückgang der nominalen Renditen und eine rasche Ausweitung der Credit Spreads aus. Der durchschnittliche Carry für 10-jährige Anleihen der wichtigsten Industrieländer ist heute um 59 Basispunkte niedriger als Ende 2019 (66 Basispunkte gegenüber 125 Basispunkten am 31.12.19). Noch wichtiger ist, dass sich die Zinskurven parallel verschoben haben, anstatt sich abzuflachen (mit der Verschlechterung der makroökonomischen Erwartungen) und dann steiler wurden (wobei die Zinssenkungen das kurze Ende der Kurven beeinflussten und die verbesserten Makroerwartungen den längeren Teil anhoben). Dies ist ungewöhnlich und deutet auf zwei Dinge hin:
-
Die Zentralbanken reagierten so schnell, dass die Form der Zinskurven erhalten blieb und eine lang anhaltende Rezession verhindert wurde

- Staatsanleiherenditen sind heute weniger direkt von den Fundamentaldaten abhängig und werden im Wesentlichen von politischen Entscheidungsträgern gesteuert

Dies ist der Grund dafür, dass die Zinskurven bei der Erholung nicht, wie sonst üblich, steiler wurden und weshalb wir weiterhin der Ansicht sind, dass die Zinssätze für Staatsanleihen über einen längeren Zeitraum begrenzt bleiben werden. Das Kräfteverhältnis hat sich eindeutig zugunsten der monetären Schlagkraft und unkonventioneller quantitativer Programme verschoben. Dies gilt auch im Credit-Bereich: Dank der kombinierten geld- und fiskalpolitischen Anreize, welche die möglicherweise schlimmste Ausfallswelle aller Zeiten stoppen sollten, haben sich die Credit Spreads rasch erholt. Die derzeitigen Niveaus der High Yield-Indizes deuten in der Regel auf ein über dem Potenzial liegendes Wachstumsniveau hin. Das ist mehr, als es der gegenwärtige makroökonomische Hintergrund und die künftigen Unsicherheiten vermuten lassen und ein weiteres durch die Politik ausgelöstes Ungleichgewicht bei der Bewertung. Bisher sind inflationsgebundene Wertpapiere die einzige Anlageklasse, die eine größere Sensibilität gegenüber wirtschaftlichen Erwartungen aufweist. Breakevens stürzten während der Covid-19-Krise ab, wobei die 10-Jahres-Renditen in den USA um 120 Basispunkte und in Europa um 80 Basispunkte fielen. 90% der Rückgänge wurden aufgrund der V-förmigen zukünftigen Wachstumsaussichten bereits wieder wettgemacht.

Was wird die Fixed-Income Märkte auf kurze Sicht antreiben?

Die simple Antwort ist: Jede bedeutende Erhöhung - oder Einstellung - von Stützungsprogrammen, weshalb es äußerst wichtig ist, auf Zentralbanken und Regierungen zu hören. Seit mehreren Jahren verarbeiten wir die Aussagen der FOMC-Sprecher zu einem quantitativen Signal, wodurch ein hohes Maß an zeitnaher Korrelation mit der Entwicklung der Zinssätze erreicht wird. Leitinformationen, die die Entscheidungsfindung der Zentralbanken beeinflussen werden, sind zweifacher Art und können nacheinander geprüft werden: die Stimmung und die Daten bezüglich der Entwicklung des Covid-19-Virus und seiner Auswirkungen auf die Realwirtschaft.

Die Divergenz zwischen den Äußerungen der politischen Entscheidungsträger und dem Verhalten der Märkte hat in der Tat zugenommen, insbesondere bei wachstumsbezogenen Anlagen: Die Rhetorik der Zentralbanken betont weiterhin stark anhaltende Abwärtsrisiken, doch die Marktstimmung ist dramatisch gestiegen.

Anleiheinvestoren waren pragmatisch statt rational: Sie haben vorzeitig Anlageklassen gekauft, die von Liquiditätsspritzen betroffen waren, und das wird unserer Meinung nach auch so bleiben. Die Kapitalflüsse und die Positionierung in den unterstützten Segmenten waren bemerkenswert. Die spekulative Positionierung befindet sich jetzt sowohl bei Credit-als auch bei Treasury-Futures auf Mehrjahreshöchstständen. Die Zuflüsse in die größten Credit-ETFs trieben das Gesamtvolumen im US-Creditmarkt um 85% höher als Ende 2019 (ohne Markteffekte) und in Europa um 27%. Diese Abweichungen von den Fundamentaldaten haben auch bei anderen Anlagen zu Seiteneffekten geführt, und wir glauben, dass die Auswirkungen dieser Verwerfungen so lange anhalten werden, wie die politischen Entscheidungsträger die Oberhand haben - d.h. für lange Zeit.

In Bezug auf die Fundamentaldaten und Bewertungen schätzen wir den theoretisch fairen Wert der 10-jährigen US-Zinssätze auf etwa 1,8%, was 120 Basispunkte über der aktuellen Rendite liegt. Infolgedessen liegen die Realzinsen tief im negativen Bereich, derzeit in der Größenordnung von -1%, unter Berücksichtigung der erwarteten Inflation und der nominalen Zinssätze. Kontrollierte Zinskurven und die Erosion der Geldmenge aufgrund dieser negativen Realzinsen waren daher einer der Hauptfaktoren für den jüngsten Höhenflug bei den Edelmetallen - wie in der letzten Woche in Macro Views erläutert - und für die Underperformance der Finanztitel.

Auswirkungen auf die dynamische Asset Allokation
 
Infolgedessen hat sich das Risikogleichgewicht im Fixed- Income-Universum in eine weniger günstige Lage verschoben, auch wenn wir aufgrund der oben genannten Elemente keinen nennenswerten Aufschwung der Nominalzinsen oder Credit Spreads erwarten. Wir bevorzugen nach wie vor wachstumsbezogene Anlagen zusammen mit konvexen defensiven Strategien, um unerwartete Anstiege der Risikoaversion auffangen zu können.

 

Veröffentlicht am: 19.08.2020

AusdruckenArtikel drucken

LesenzeichenLesezeichen speichern

FeedbackMit uns Kontakt aufnehmen

FacebookTeile diesen Beitrag auf Facebook

Nächsten Artikel lesen

Vorherigen Artikel lesen

 

Neu:


 

 

 

 

Werbung

Werbung

 

 

 

Werbung

             

 

Besuchen Sie auch diese Seiten in unserem Netzwerk:
| Börsen-Lexikon
| Fotograf Fotomensch Berlin
| Geld & Genuss
| gentleman today
| genussmaenner.de
| geniesserinnen.de
| instock.de
| marketingmensch | Agentur für Marketing, Werbung & Internet
| Unter der Lupe

© 2024 by frauenfinanzseite.de, Groß-Schacksdorf. Alle Rechte vorbehalten.