
Die globale Unsicherheit wächst – und sie hat einen Ursprung: die USA. Unter Präsident Donald Trump sind die Wirtschaft und ihre Reindustrialisierung zu einer Frage der nationalen Sicherheit geworden, zu deren Wohl er Zölle, Investitions- und Exportbeschränkungen erlässt.
Das schafft global Unsicherheit – und verändert Märkte, Kapitalströme, Investitionschancen. „Wir erleben den Beginn eines neuen Anlagezyklus, der von Sicherheit getrieben ist. Wer Kapital anlegt, muss heute geopolitisch denken“, erklärt Thorsten Fischer, Managing Director und Head of Portfolio Management bei Moventum AM.
Die jüngste Tagung des Internationalen Währungsfonds stand im Zeichen eines Begriffs, der derzeit die ökonomische Debatte prägt: Unsicherheit. Doch gemeint sind damit nicht nur Konjunktur- oder Investitionsrisiken, es herrscht vielmehr eine tiefere systemische Unsicherheit. Ein Zustand, in dem nicht nur einzelne Marktakteure Risiken tragen, sondern das wirtschaftliche System selbst an Stabilität verliert.
Treiber dieser Entwicklung ist maßgeblich die Politik der Vereinigten Staaten. „Amerika rüstet ökonomisch auf und stellt zunehmend auf Kriegswirtschaftsmodus um“, sagt Fischer. Ziel des US-Präsidenten ist insbesondere die Reindustrialisierung des Landes. Große Finanzinstitute – allen voran JP Morgan – schließen sich dieser Linie an. Das Institut plant Investitionen von bis zu 1,5 Billionen Dollar in Projekte, die die ökonomische Resilienz Amerikas stärken sollen. Äußerungen von CEO Jamie Dimon lassen auf eine enge Abstimmung mit Washington schließen. Beobachter erwarten, dass andere Großbanken folgen werden.
Diese strategische Neuausrichtung der US-Industriepolitik zielt auf mehrere Kernsektoren: Im Bereich Energie und Rohstoffe geht es um den Wiederaufbau der Ölraffineriekapazitäten und die Sicherung kritischer Mineralien. Im Pharmasektor wird eine Rückverlagerung der Produktion in amerikanische Werke angestrebt, ähnlich im Maschinenbau und Bergbau. „Das ist ein bisher vernachlässigtes Feld“, sagt Fischer. Zudem zielen die USA auf den Aufbau einer autarken Halbleiterfertigung inklusive vollständiger Zulieferkette. Und schließlich werden strategische Allianzen wie jüngst beispielsweise mit Australien geschlossen, um den Rohstoffbedarf der USA zu decken und die Abhängigkeit von China zu verringern.
Offen ist bislang allerdings, wie das ambitionierte Programm trotz der Investitionsabsichten von JP Morgan und Co. finanziert werden kann. Normalerweise emittiert das US-Finanzministerium Staatsanleihen. „Doch die inländischen Banken halten jetzt schon überproportional viele US-Staatsanleihen, wodurch der Spielraum für neue Kreditprogramme überschaubar bleibt“, so Fischer. Das Finanzministerium müsse also neue Kapitalquellen erschließen. Ein verstärktes Engagement ausländischer Investoren wäre denkbar – ist im gegenwärtigen politischen Klima jedoch hochsensibel.
Wie sollten sich Anleger in dieser Lage positionieren? „Für Investoren eröffnet sich hier ein neues Leitmotiv“, erklärt Fischer. „Economic Security“ sei das Investmentthema der 2030er-Jahre. Der Staat wird zum größten Auftraggeber einer umfassenden Reindustrialisierung. Davon profitieren vor allem Unternehmen aus den Bereichen Energieinfrastruktur, Halbleiterproduktion, Spezialchemie, Bergbau sowie Verteidigungs- und Rohstoffindustrie.
Das neue Sicherheitsparadigma hat allerdings seinen Preis. Der enorme Finanzierungsbedarf treibt die Staatsverschuldung, was langfristig zu strukturell höheren Renditen führen könnte. „Ein selektiver, strategisch ausgerichteter Anlageansatz wird daher entscheidend“, sagt Fischer. Langfristig eröffneten sich Chancen für „Hard Assets“ und „Made in America“-Themen. „Kurzfristig sind jedoch Zins- und Refinanzierungsrisiken sorgfältig zu beachten.“