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Zwischentief statt Krypto-Winter

Marktkommentar von Violeta Todorova, Senior Research Analyst bei Leverage Shares


Die starke Korrektur von Bitcoin hat die Anleger überrascht. Noch vor wenigen Wochen testete die weltweit größte Kryptowährung neue Höchststände nahe 126.000 US-Dollar. Heute ist sie unter 90.000 US-Dollar gefallen. Dies löste eine Welle der Angst, Zwangsliquidationen und Spekulationen darüber aus, ob nun ein langer und schmerzhafter Abschwung beginnt. 

Ist dies das erste Kapitel eines neuen Krypto-Winters oder einfach nur ein zeitlich begrenztes Zwischentief und ein starker, aber letztlich gesunder Rückgang innerhalb des anhaltenden Aufwärtstrends? Eine genauere Betrachtung der Marktstruktur, der Positionierung und des makroökonomischen Umfelds deutet darauf hin, dass Bitcoin sich möglicherweise einem Tiefpunkt nähert.

Bitcoin-ETFs trieben in diesem Jahr einen Großteil der Rallye an, doch plötzlich wurden sie zu einem Kanal für Verkaufsdruck und der jüngste Rückgang um 30 Prozent wird zu einer echten Bewährungsprobe für die neue ETF-Anlegerbasis. Bitcoin hat seine Gewinne für das Jahr wieder eingebüßt und liegt seit Jahresbeginn um fast fünf Prozent im Minus. Das vierwöchige Bild der Abflüsse aus US-Spot-ETFs hat sich ins Negative gedreht, mit den größten Abflüssen seit der Zulassung vor fast zwei Jahren.

Der Token fiel in dieser Woche unter die Marke von 90.000 US-Dollar und erreichte damit den niedrigsten Stand seit etwa sieben Monaten. Damit lag er unter dem durchschnittlichen Einstiegspreis der Käufer von US-Spot-ETFs, der auf etwa 89.600 US-Dollar geschätzt wird – viele der ETF-Investoren sind nun im Minus. Im November flossen bereits rund 2,8 Milliarden US-Dollar aus diesen ETFs ab, zusätzlich zu den rund eine Billion US-Dollar an Marktwertverlusten bei digitalen Vermögenswerten seit dem Höchststand im Oktober. Absicherungen gegen Kursrückgänge auf 85.000 und 80.000 werden auffallend stark nachgefragt. Ein Zeichen dafür, dass Marktteilnehmer weitere kurzfristige Korrekturen nicht ausschließen. Dies geschah parallel zu einer allgemeinen Verschlechterung der globalen Risikostimmung. Tech-Aktien sind gefallen, Anleiherenditen sind gestiegen, die Hedging-Kosten sind geklettert und die Aktienvolatilität hat leicht zugenommen. Bitcoin bleibt der schnellste Indikator für die Risikobereitschaft und reagierte als erstes und am aggressivsten.

Kryptowährungen reagieren stets heftig, wenn die Risikobereitschaft sinkt


Das Muster ist bekannt: Kryptowährungen reagieren in der Regel als erste und am stärksten, wenn die Risikobereitschaft nachlässt, während globale Aktien mit geringeren und verzögerten Bewegungen folgen. Die tägliche Korrelation von Bitcoin mit dem MSCI World Index lag in den letzten Monaten bei etwa 0,6, mit einem Beta von etwa 0,17. Eine Bewegung von zehn Prozent bei Bitcoin kann also einige Tage später zu einer Bewegung von 1,5 bis zwei Prozent bei globalen Aktien führen.

Makroökonomische Gegenwinde nehmen zu: Die Fed spielt nicht mit

Die Krypto-Rallye zu Beginn dieses Jahres wurde durch die Erwartung beflügelt, dass die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) mit der mehrfachen Senkung der Leitzinsen beginnen würde. Dieser Optimismus hat sich in den letzten Wochen allerdings weitgehend verflüchtigt. Der längste Shutdown der US-Regierung in der Geschichte führte zu einem Blackout bei den makroökonomischen Daten. Dies veranlasste die Fed zur Vorsicht und ließ Zweifel an einer weiteren Zinssenkung im Dezember aufkommen. Die Folge: Wenn die Liquidität knapp wird, spüren Assets wie Bitcoin dies als Erste. In den letzten Wochen fungierte Bitcoin als globales Liquiditätsbarometer und signalisierte, dass das makroökonomische Umfeld kälter wird und die Risikobereitschaft der Anleger nachlässt.

Derzeit sieht die Reaktion des Marktes noch eher nach einer geordneten Risikoreduzierung als nach einer ungeordneten Flucht aus dem Markt aus. Die Volatilität nahm sowohl am Nasdaq als auch bei Kryptowährungen zu, doch der VIX-Boden stieg nur geringfügig. Die Volatilitätsmärkte signalisieren seit Monaten eine Veränderung, wobei an immer mehr Tagen die Auf- und Abwärtsbewegungen des Spots mit einer steigenden Volatilität einhergehen. Zusammengenommen deutet dies auf einen Markt hin, der sich in Stärke abgesichert hat und nun eher dazu neigt, Positionen zu reduzieren, als in Panik zu verfallen.

Warum dies kein Krypto-Winter ist – zumindest noch nicht

Der Begriff „Krypto-Winter” ist zu einer Kurzform und Synonym für tiefe, anhaltende Abschwünge geworden. Wir glauben jedoch nicht, dass ein Winter gekommen ist. Der Abwärtstrend bei Bitcoin wird durch makroökonomische Unsicherheit und nicht durch strukturelle Schwäche angetrieben und die Aussichten für 2026 bleiben vielversprechend. Bitcoin befindet sich zwar technisch gesehen in einem Bärenmarkt, es gibt jedoch keine Anzeichen für systemische Belastungen. Frühere Bärenmärkte begannen mit euphorischen Höchstständen, was in diesem Zyklus nicht der Fall ist. Die aktuelle Korrektur ist typisch für das historische Verhalten von Bitcoin, bei dem Rückgänge von 25 Prozent bis 30 Prozent häufig in der Mitte eines Bullenmarktes und nicht am Ende auftreten.

Es scheint, dass einer der Hauptgründe für den aktuellen Ausverkauf die US-Geldpolitik ist. Wenn die Fed die Lockerung verzögert, könnte sich die Liquidität so weit verschlechtern, dass es zu einem tieferen Abschwung kommt. Aber ohne dieses Szenario befindet sich Bitcoin eher in einer starken Korrektur als in einem primären Abwärtstrend.

Die treffendste Beschreibung wäre wohl eine klassische Krypto-Bereinigung, die zwar hart genug ist, um Neulinge abzuschrecken, aber für eine langfristige Positionierung gesund ist, denn die Verkäufe stammen in erster Linie von kurzfristigen Anlegern. Langfristig orientierte Anleger kaufen dagegen weiterhin zu. Und was wichtig ist: Im Gegensatz zum FTX-bedingten Zusammenbruch von 2022 hat kein größerer institutioneller Ausfall den Rückgang ausgelöst.

Historisch gesehen beinhalten Bitcoin-Zyklen einen „Flush-Out-Monat”, einen Zeitraum, in dem Long-Positionen heftig abgebaut werden, die Stimmung stark negativ wird und die sozialen Medien voller Verzweiflung sind. Diese Momente sind zwar unangenehm, legen aber oft den Grundstein für die nächste Aufwärtsbewegung. Dies scheint einer dieser Momente zu sein.

Worauf sich Anleger jetzt konzentrieren sollten

Die wichtigste Erkenntnis ist, dass es sich hierbei nicht um den Zusammenbruch von 2022 handelt. Die Fundamentaldaten sind stärker, die Regulierung klarer, die institutionelle Akzeptanz breiter und die Marktstrukturen robuster. Aber die Volatilität ist real und könnte sich verschlimmern, wenn sich das makroökonomische Umfeld weiter abschwächt.

Zu den wichtigen Risiken, die es zu beobachten gilt, gehören ein mögliches Ausbleiben der Zinssenkung im Dezember, eine tiefere Korrektur bei Technologieaktien, beschleunigte ETF-Abflüsse und eine anhaltende Verschlechterung der Liquidität. Auf der positiven Seite könnten die sich stabilisierende Risikobereitschaft bei globalen Aktien und sich abzeichnende Akkumulationszonen um die 80.000-Dollar-Marke eine Grundlage für eine eventuelle Erholung bilden.

Die nächsten wichtigen Impulse werden aus den Vereinigten Staaten kommen: die Gewinne von Nvidia, die am Mittwochabend die Erwartungen der Analysten übertroffen haben, der verspätete Arbeitsmarktbericht sowie die nächsten Inflationszahlen und schließlich die Sitzung der Fed am 10. Dezember.

Bitcoin-Rückgang: Statt Zusammenbruch erneute Beschleunigung?

Der Einbruch von Bitcoin ist dramatisch, aber die Struktur dieser Bewegung ähnelt eher einer heftigen Korrektur in der Mitte des Zyklus als dem Beginn eines mehrjährigen Krypto-Winters. Die Angst ist groß, die Schlagzeilen sind düster und die Geduld wird auf die Probe gestellt. Aber historisch gesehen sind dies genau die Bedingungen, unter denen sich langfristig still und leise Tiefpunkte bilden. Wenn sich dieser Zyklus wie gewohnt wiederholt, könnte die nächste bedeutende Bewegung kein Zusammenbruch, sondern eine erneute Beschleunigung sein.

Vorerst sollten Anleger einen kühlen Kopf bewahren, bis wir klare Anzeichen dafür sehen, dass der Ausverkauf vorbei ist und die Fed weiter im Auge behalten. Der kalte Wind, der heute durch die Kryptowelt weht, kommt nicht aus der Branche selbst. Er weht aus Washington herüber.

 

Veröffentlicht am: 21.11.2025

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