USA und China – die beiden größten Volkswirtschaften der Welt beeinflussen naturgemäß die globale Stimmungslage stark. Und diese ist momentan durchwachsen. So schwächelt die chinesische Konjunktur bereits seit längerem. Allerdings schien die Situation bisher unter Kontrolle.
Dank moderater staatlicher und geldpolitischer Unterstützung konnte eine eigentliche Rezession vermieden werden. Mittlerweile mehren sich aber die Anzeichen einer beschleunigten Kontraktion, insbesondere auch am ohnehin schon äußerst schwachen Immobilienmarkt, und eines weiteren Anstiegs der Jugendarbeitslosigkeit. Zudem sind private Investitionen stark rückläufig.
Damit besteht das Risiko, dass es zu einer nur noch schwierig zu kontrollierenden deflationären Lohn/Preis-Spirale und damit einem ‚Strömungsabriss‘ beim konjunkturellen Wachstum kommt. Historische Erfahrungen aus den USA und vor allem aus Japan zeigen, dass in diesem Fall schnelle und massive staatliche und geldpolitische Maßnahmen erforderlich sind. Je länger mit Hilfsmaßnahmen zugewartet wird, desto aufwändiger wird die Problemlösung in der Zukunft. Immerhin hat die Chinesische Zentralbank soeben weitere Zinssenkungen und einen tieferen Mindestreservesatz sowie direkte Liquiditätsspritzen angekündigt. Die positive Wirkung dieser Maßnahmen sollte nicht unterschätzt werden. Insgesamt scheinen die Liquiditätsspritzen aber noch nicht ausreichend, um eine nachhaltig positive Wirkung in der Wirtschaft zu erzielen. Aber die Bank of China verfügt noch über sehr viele Möglichkeiten, um weiter unterstützend einzugreifen.
Damit wird die Entwicklung in China zunehmend auch global relevant. Der bisher neutrale bis leicht stabilisierende Einfluss Chinas auf die Weltkonjunktur droht sich in negative Impulse zu verwandeln. Speziell, wenn versucht wird, die Probleme mit einer Exportwelle bei gleichzeitig fallendem privaten Inlandkonsum zu beheben. In diesem Fall würde die deflationäre Kontraktion in China ins Ausland exportiert. Einer der Hauptverlierer wäre hier sicherlich Deutschland. Zusätzlich kämen die Rohstoffpreise, insbesondere Kupfer und Erdöl, weiter unter Druck.
Und in den USA schwächen sich der Arbeitsmarkt und die Konjunktur weiter ab – trotz noch hohen Liquiditätsbeständen und enormen Staatsausgaben. Das ist bedenklich, da sich offenbar eine zunehmende Immunität gegenüber fundamentalen und monetären Stimuli entwickelt. Mittelfristig könnte dies für die Fed und das US-Finanzministerium zu schwer lösbaren Herausforderungen führen. Die jüngsten US-Arbeitsmarkdaten zeigen eine schnelle Abnahme offener Stellen bei gleichzeitig weniger Anstellungen.
Zudem bleiben die mittleren und kleineren Unternehmen in den USA weiter unter Druck. Diese Unternehmen repräsentieren immerhin rund 45 Prozent der US-Wirtschaftsleistung und waren historisch für mehr als 50 Prozent der neu geschaffenen Stellen verantwortlich. Der derzeit noch robuste Konsum ist dagegen kein Frühindikator, sondern läuft der Konjunkturentwicklung nach. Auch steigen die Zahlungsausfälle auf Kreditkartenschulden weiter an – ein erstes Anzeichen einer bevorstehenden Abschwächung des Konsums in den USA.
Allerdings werden die Aktien- und Kreditmärkte weiterhin vorwiegend von Liquiditätsflüssen getrieben und noch nicht von konjunkturellen Faktoren in den USA, Europa und China. Verschiedene bisher stark sprudelnde Liquiditätsquellen beginnen jetzt aber auszutrocknen. Allerdings wirken diese abnehmenden Liquiditätsflüsse erst mit einer Verzögerung von drei bis sechs Monaten. Damit ist noch nicht unmittelbar mit einer Trendwende an den Aktien- und Kreditmärkten zu rechnen. Die noch sehr hohen Liquiditätsbestände dürften deshalb kurzfristig noch für Unterstützung sorgen, insbesondere wenn die jüngsten Zinssenkungen der Fed und EZB zu einer Umschichtung vom Geldmarkt in die Aktien- und Kreditmärkte führen.