
Der  Goldpreis hat in den vergangenen Monaten kräftig zugelegt. Unklar  bleibt: warum eigentlich? Zahlreiche Argumente werden angeführt, vom  Dollarkurs über Zinsen, Spekulation und Zentralbankkäufe. Doch keines  vermag wirklich zu überzeugen. „Gold verspricht Solidität“, sagt Carsten  Gerlinger, Managing Director und Head of Asset Management bei Moventum  AM. „Aber wie solide ist eine Anlage, über deren Preisbewegungen man  letztlich nur Vermutungen anstellen kann?“
Seit Langem geht es  mit dem Goldpreis aufwärts. Ende Februar setzte das Edelmetall zu einem  regelrechten Höhenflug an und erreichte Mitte April ein Rekordhoch bei  2.400 Dollar je Feinunze. Seitdem hat Gold etwas nachgelassen. Wie geht  es nun weiter? Auf der Suche nach Bestimmungsfaktoren für die künftige  Entwicklung fällt auf, dass schon die vergangenen Preise einige Rätsel  aufgaben. „So richtig greifen konnte man die Entwicklung beim Goldpreis  nicht“, so Gerlinger.
Das Umfeld sprach eigentlich eher gegen das  Edelmetall. So gilt üblicherweise die Regel: Fällt der US-Dollar,  steigt der Goldpreis. Im jüngsten Goldboom allerdings war der Dollar  eher stark. Das gleiche bei den Zinsen: Gold schneidet bei sinkenden  Zinsen meist besser ab, zuletzt allerdings ging es mit den Zinsen eher  bergauf.
Von Dollar und Zinsen kam also keine Unterstützung,  dennoch stieg der Goldpreis. „Die Gründe, die dafür genannt wurden,  erwiesen sich oft als fadenscheinig“, erklärt Gerlinger. Zu den  Standarderklärungen gehört zum Beispiel die Heiratssaison in Indien.  Diese beliebte Deutung allerdings hat große Schwächen, sie passt rein  zeitlich oft nicht zu den Schwankungen des Goldpreises. „So vorhersehbar  sind die Märkte nicht“, sagt Gerlinger.
Auch die Daten des World  Gold Council zur physischen Goldnachfrage für das erste Quartal 2024  lieferten keine zwingende Erklärung für das Gold-Hoch. Die private  Nachfrage blieb mehr oder weniger unverändert. Weitere genannte Gründe  für den Goldpreisanstieg sind der Schutz vor Inflation (die derzeit eher  zurückgeht), steigende Haushaltsdefizite und Spekulationskäufe. „Gegen  Letzteres spricht allerdings, dass es zuletzt kräftige Abflüsse aus  Gold-ETFs gab“, so Gerlinger.
Die Zentralbanken kauften zwar  kontinuierlich Edelmetall zu, „aber das tun sie eigentlich immer“,  erklärt Gerlinger. Allerdings ordert offenbar vor allem die chinesische  Zentralbank Gold – und will sich damit vielleicht gegen Sanktionen  absichern, sollten sie doch in einen bewaffneten Konflikt mit Taiwan  eintreten? Oder kauft Russland mit möglichem Überschuss aus  Energieeinnahmen Gold? Auch hier wäre die Flucht vor Sanktionen der  Hintergrund. „Daher scheint die Geopolitik mit den diversen  Kriegsschauplätzen und Krisenherden am ehesten ein Grund für den Anstieg  des Goldpreises zu sein“, sagt Gerlinger.
Und nicht zuletzt die  Tatsache, dass in diesem Jahr die Hälfte der Weltbevölkerung vor  wichtigen Wahlen steht. „Gold hat immer noch den Sicherheitsaspekt, den  viele in der jetzigen Situation zur Beruhigung brauchen.“