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Die Ära des Huhns

... aus Sicht von Thorsten Fischer


Die US-Zollpolitik erschüttert die globale Wirtschaftsordnung: Nach kurzer Entspannung auf Druck der Märkte nutzen die USA gezielt Zolldrohungen, erpressen Zugeständnisse – und der Rest der Welt duckt sich. 

„WACO – The World Always Chickens Out“ bringt den geopolitischen Zeitgeist auf den Punkt. Was das für Anleger bedeutet, erklärt Thorsten Fischer, Managing Director und Head of Portfolio Management bei Moventum AM: „Die Märkte sind politischer denn je – wer das nicht erkennt, verpasst den entscheidenden Wandel.“

Was dem Deutschen der Angsthase ist, ist dem Amerikaner das Huhn (Chicken). Im April war es an den Weltfinanzmärkten in aller Munde: Nachdem US-Präsident Donald Trump massive Zölle angekündigt hatte, gerieten die Weltfinanzmärkte ins Wanken. Börsen brachen zwischenzeitlich ein, der Dollar verlor erheblich an Wert. Trump reagierte zunächst scheinbar mit einem Rückzieher: Er setzte die Zölle aus und signalisierte Verhandlungsbereitschaft. Rasch machte das Schlagwort „TACO“ die Runde: Trump Always Chickens Out – Trump gibt immer nach.

Doch diese Hoffnung erwies sich als trügerisch. Inzwischen hat die US-Regierung mit den Zolldrohungen erhebliche Zugeständnisse anderer Länder erreicht. Der neue Begriff lautet daher „WACO“ – The World Always Chickens Out – und drückt einen geopolitisch-ökonomischen Wandel aus: Die Welt fügt sich Trump. Andere Länder gelten ihm nicht länger als gleichberechtigte Handelspartner. Statt Konsens regieren nur noch Macht und purer Zwang.

Das hat weitreichende Folgen für die Aktienmärkte. „US-nahe Firmen mit starker Binnenmarktorientierung – etwa Versorger, Telekommunikation, Infrastruktur – profitieren strukturell, weil sie weniger anfällig für internationale Vergeltungsmaßnahmen sind“, erklärt Fischer. Umgekehrt geraten internationale Exportindustrien in Europa und Japan, aber auch in Schwellenländern unter Druck. Multinationale Konzerne könnten perspektivisch die USA als Standort bevorzugen, um sich den unsicheren Außenbedingungen zu entziehen. Leidtragende sind vor allem Schwellenländer, denen Kapital abgezogen wird. Ausnahme: China.

Auch Anleihemärkte und Währungen sind betroffen. „Die Position der USA als Rückzugsort für Kapital wird gestärkt“, so Fischer. „US-Staatsanleihen können wieder zum Fluchtpunkt in unsicherer Zeit werden.“ Für kleinere Handelsstaaten steigen die Risikoaufschläge, ihre Refinanzierung verteuert sich. Gleichzeitig bleibt der US-Dollar das Zentrum der Weltfinanz. Wer sich den USA nicht entgegenstellt, akzeptiert ihn zugleich als Instrument der Disziplinierung. „Langfristig allerdings“, mahnt Fischer, „könnte dieses Vorgehen das Vertrauen in den Dollar als Weltleitwährung untergraben.“ Die Suche nach Alternativen zur US-Währung nimmt Fahrt auf, die Unsicherheit wächst.

Daneben läuft die Flucht in andere, vermeintlich sichere Häfen: Die geopolitische und monetäre Unsicherheit treibt den Goldpreis auf Rekordhöhen, Zentralbanken und Privatanleger weltweit legen massive Reserven an. Gleichzeitig gewinnen Kryptowährungen wie Bitcoin als ideologisches Gegenmodell zu einem politisierten Weltfinanzsystem an Attraktivität, auch wenn sie kurzfristig volatil bleiben.

Was sollten Anleger jetzt im Blick behalten? „Schwellenländer sind nicht alle gleich“, sagt Fischer. „Rohstoffreiche, politisch stabile Emerging Markets könnten attraktiv bleiben, während andere leiden.“ Strukturell unter Druck bleiben Industrie-Exportländer. Insgesamt benötigen Portfolios nun mehr als die klassische Diversifikation: Entscheidend wird geopolitische Resilienz etwa mit Fokus auf die USA, auf Gold, strategische Rohstoffe und selektive Schwellenländer-Investments. „In der WACO-Ära ist der globale Wirtschafts- und Finanzplatz zum politischen Spielfeld geworden“, resümiert Fischer. Wer nur auf Daten, Bilanzen und Zinskurven schaue, verpasse die eigentliche Wende. „Politische Risikokompetenz wird zum Wettbewerbsfaktor für Anleger.“

 

Veröffentlicht am: 04.08.2025

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