Wie weithin erwartet hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Leitzinsen unverändert gelassen. Auch die Anpassungen der EZB-Projektionen waren eher technischer Natur und lassen keine neuen Rückschlüsse auf die zukünftige Geldpolitik zu.
Die Inflation ist da, wo die EZB sie haben möchte. Die europäische Wirtschaft hat sich als widerstandsfähiger erwiesen als von vielen erwartet. Die Risiken, insbesondere jene für die Inflation, sind ausgewogener als zuvor, unter anderem, weil die EU auf – preistreibende – Vergeltungszölle gegen die USA „verzichtet“ hat.
Sollte sich die wirtschaftliche Lage nicht wesentlich verschlechtern, muss man davon ausgehen, dass die EZB mit ihren Zinssenkungen durch ist und nun von Sitzung zu Sitzung datenabhängig entscheiden wird. Sollten sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen oder Aussichten eintrüben, dann ist ein weiterer Schritt nach unten wahrscheinlich. Auf Sicht eines Jahres ist beispielsweise ein Wiederaufflammen des Zollstreits mit den USA durchaus denkbar.
Christine Lagardes politisches und diplomatisches Talent war gefordert, als die erwartbare Frage nach Frankreich gestellt wurde. Sie wies auf die Vorzüge der Fiskalregeln hin. Außerdem funktionierten die Märkte für europäische Staatsanleihen hervorragend: ordnungsgemäß, reibungslos, ausgestattet mit reichlich Liquidität.
Überdies sprach sie den politisch Verantwortlichen ins Gewissen, dass in diesen global unsicheren Zeiten die nationale Politik nicht weitere Unsicherheit schaffen solle. Die Politik solle vielmehr mit Strukturreformen, so wie sie im Draghi-Report aufgeführt sind, die Produktivität erhöhen und die Spar- und Investmentunion energisch vorantreiben.