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Zwischen Finanzamt und Weihnachtsmann

... von Thorsten Fischer, Managing Director und Head of Portfolio Management bei Moventum AM


Wenn die Tage kürzer werden und an den Börsen die Lichter heller leuchten, ist oft von der „Weihnachtsrallye“ die Rede. Doch hinter der festlichen Fassade steckt kein himmlischer Segen, sondern ganz irdische Marktmechanik – ein Zusammenspiel von Fondskosmetik, dünner Liquidität und steuerlich motivierten Verkäufen. „Für Anleger bedeutet das: Jahresendpreise mit Vorsicht genießen – dafür die Feiertage in vollen Zügen“, erklärt Thorsten Fischer, Managing Director und Head of Portfolio Management bei Moventum AM.

Die Weihnachtsrallye beschreibt eine traditionell starke Phase an den Aktienmärkten in den letzten fünf Handelstagen des alten und den ersten beiden des neuen Jahres. Der Begriff geht auf Yale Hirsh zurück, der in den 1970er-Jahren im „Stock Trader’s Almanac“ systematisch saisonale Muster untersuchte. Hirsh stellte fest, dass der S&P 500 in diesem siebentägigen Zeitraum von 1950 bis 1971 im Schnitt um etwa 1,5 Prozent zulegte. Seit Mitte der 1940er-Jahre kam es in mehr als drei Vierteln der Jahre zu Gewinnen in dieser Phase. Die Weihnachtsrallye ist damit kein reines Börsenmärchen, aber auch kein garantiertes Geschenk – wie 2023/24 zeigte, als die Kurse „zwischen den Jahren“ eher auf der Stelle traten.

Trotz des besinnlichen Namens liegen die Ursachen weniger in festlicher Stimmung oder prall gefüllten Geldbörsen. Weder Optimismus durch Weihnachtslaune noch Investitionen aus Jahresendboni erklären das Muster zufriedenstellend. Ebenso ist die Vorstellung, dass chronisch optimistische Privatanleger in Abwesenheit professioneller Marktakteure die Kurse hochtreiben, kaum belegbar.

Wesentlich plausibler sind einige strukturelle Effekte, die sich regelmäßig am Jahresende zeigen. Zum Beispiel das Window-Dressing der Fondsmanager: Viele Investmenthäuser verschönern zum Quartals- oder Jahresende ihre Portfolios. Schwach gelaufene Aktien werden verkauft, Gewinner dafür zugekauft, um zum Stichtag besser dazustehen. Dieser kosmetische Effekt erzeugt zusätzlichen Nachfrageimpuls bei den Favoriten des Jahres – oft zu beobachten bei Small Caps oder Aktien mit starkem Momentum.

Daneben spielt ein weiterer, häufig unterschätzter Weihnachtseffekt eine Rolle: das sogenannte Tax-Loss Harvesting. Anleger und Fonds verkaufen schwach gelaufene Werte, um Verluste zu verrechnen und so die Steuerlast zu senken. „Dadurch verstärkt sich der Verkaufsdruck besonders bei den Underperformern des Jahres und bei jenen Titeln, deren Geschäftsmodell zuletzt nicht überzeugen konnte“, sagt Fischer. Mit Beginn des neuen Jahres fällt dieser Verkaufsdruck dann weg und viele dieser Titel erleben ein markantes Comeback, das sonst nur Sportler aus Motivationsfilmen schaffen: der klassische January Rebound.

Dazu kommt schlussendlich die feiertagsbedingt geringe Liquidität und technischer Handel: Zwischen Weihnachten und Neujahr ist der Markt spürbar ausgedünnt. „Weniger Personal sitzt an den Terminals, Hedgefonds drücken ihr Risiko, die Handelsvolumina schrumpfen – in diesem Umfeld wirken auch kleine Impulse stärker“, erklärt Fischer. Es dominieren technische Bewegungen und verstärkte Kursschwankungen, die nicht selten als Rallye interpretiert werden.

Die profane Wahrheit also: Der Dezemberzauber kommt eher nicht vom Nordpol, sondern meist vom Steuerrecht. Die Weihnachtsrallye ist weniger ein Wunder des Marktes als das Ergebnis saisonaler Marktmechaniken. Wer sie versteht, kann typische Muster gezielt nutzen. „Man sollte die Kurse zu Jahresende mit gesunder Skepsis betrachten, gleichzeitig aber Chancen bei überverkauften Titeln nicht übersehen“, so Fischer.

 

Veröffentlicht am: 08.12.2025

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