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Montag, 29. April 2024
   
 

Blick auf die Fed: Kann die Magie der Worte die Inflation eindämmen?

... von Olivier de Berranger, CIO bei LFDE



Ohne jegliche Ankündigung neuer Maßnahmen und ohne eine Schock-Formulierung à la Mario Draghi’s „whatever it takes“ zu verwenden, hat der Präsident der US-Notenbank (Fed) am 20. September mit seiner Rede für gehörige Aufregung an den Finanzmärkten gesorgt. US-Aktien verloren über zwei Tage mehr als 2 %, der Nasdaq mehr als 3 % und die Zinsen auf 10-jährige US-Anleihen überstiegen am 22. September die symbolische Schwelle von 4,5 %. Ein Rekord seit Oktober 2007. Was ist geschehen?

Herausforderungen steigender Realzinsen

Der zentrale Auslöser dieses Tumults waren die wirtschaftlichen Prognosen der Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses. Die Mehrheit der Gouverneure geht bis zum Jahresende von einer weiteren Anhebung der Leitzinsen um 25 Basispunkte aus, womit der obere Wert ihrer Bandbreite bei 5,75 % läge. Gleichzeitig geht die Inflation deutlich zurück. Die Gouverneure rechnen mittlerweile bis Ende 2023 mit 3,7 % beim Referenzindikator der Fed (Core PCE). Dies lässt somit kurzfristige Realzinsen (im Sinne von um die Core PCE-Inflation bereinigten Leitzinsen) von fast 2 % vermuten, die es ebenfalls seit 2007 nicht mehr gegeben hat. Eine Situation, die traurige Erinnerungen weckt. Auch wenn man etwas weiter in die Zukunft blickt, sieht die Lage angesichts der 2023 noch zu erwartenden Zinsanhebung nicht besser aus. Im Gegenteil – es geht in dieselbe Richtung. Die Fed korrigiert ihre Prognosen für die Leitzinsen bis Ende 2024 und für 2025 um 50 Basispunkte nach oben auf 5,1 % bzw. 3,9 % und lässt die Inflationsprognosen praktisch unverändert bei 2,6 % bzw. 2,3 %. Die oben definierten kurzfristigen Realzinsen würden somit bis Ende 2024 auf 2,5 % steigen. All dies deutet auf eine äußerst restriktive Geldpolitik auf längere Sicht hin. Es steht also eine Wende bei den Realzinsen bevor, die günstig für die Inhaber von Anleihen, aber ungünstig für die risikoreichsten Anlagen ist, darunter Aktien, deren Attraktivität schwindet.

Harte Haltung trotz nachgebender Inflation

Auf der Pressekonferenz beschrieb Jerome Powell ein wirtschaftliches Umfeld, das dynamischer ist als erwartet. Wenn der Arbeitsmarkt sich besser hält als angenommen, muss logischerweise zur Eindämmung der Inflation eine restriktivere Geldpolitik betrieben werden, da ein florierender Arbeitsmarkt tendenziell Inflation nach sich zieht.

Dieses Argument ist durchaus zulässig, wenn nur die Prognosen einigermaßen gesichert wären. Doch genau da drückt der Schuh. Denn Jerome Powell hat ständig – elf Mal während der Pressekonferenz – wiederholt, dass die Wirtschaftsprognosen äußerst unsicher seien. Insbesondere der berühmte „neutrale Zinssatz“, der die Wirtschaft weder ankurbelt noch bremst, ließe sich derzeit nicht bestimmen. Er werde jedoch wahrscheinlich höher ausfallen als zuvor und könnte möglicherweise über dem von der Fed angenommenen langfristigen Leitzins (2,5 %) liegen. Wenngleich diese Aufrichtigkeit gewiss Lob verdient, hätten die Unwägbarkeiten die Fed dazu bewegen können, vorsichtig mit den Erwartungen umzugehen, die sie dem Markt vermittelt. Stattdessen hat sie ihre Zinsprognosen noch angehoben und zeigt sich damit äußerst wagemutig.

Erwartungsmanagement als Werkzeug

Vielleicht besteht der Plan der Fed darin, die wirtschaftlichen Bedingungen allein durch ihre Projektionen zu beeinflussen. Denn die Erwartung einer stärkeren geldpolitischen Straffung könnte, die Wirtschaftsakteure zu mehr Zurückhaltung bei Konsum und Investitionen veranlassen, was ermöglichen würde, die gewünschte schwächere Inflation allein durch das Spiel mit den Erwartungen zu erreichen. Die Magie der Worte, wenn sie eine restriktive Haltung signalisieren.

Eine weitere Erklärung für dieses Vorgehen lieferte das Ende der Pressekonferenz, als Jerome Powell die Situation der Privathaushalte besser darstellte, als diese sie empfinden. Ihm zufolge geht aus den Umfragen zum Verbrauchervertrauen eine große Unzufriedenheit hervor, die stärker mit der „verhassten“ Inflation zusammenhängt als mit der tatsächlichen Situation der Haushalte. Denn die verbessert sich objektiv gesehen, was den Löhnen, vor allem denen am unteren Ende der Skala, zu verdanken ist. Dieser Optimismus wirkt bei einem so besonnenen Menschen überraschend. Er könnte jedoch erklären, warum dieser sich für eine ausgesprochen streng erscheinende Geldpolitik einsetzt.

Hoffen wir, dass sich seine Einschätzung der Lage der Privathaushalte als richtig erweist. Sollte das der Fall sein, werden die Haushalte und die Märkte die erneute geldpolitische Straffung problemlos überstehen. Andernfalls wird die Geldpolitik schnell gelockert werden müssen – auf die Gefahr hin, dass die Fed wieder einmal für kurzsichtig erklärt wird. Dann müsste man wieder auf die ganze Magie der – in diesem Fall gemäßigten – Worte zählen, um die Fehler einer zu strengen Politik auszubügeln.

 

Veröffentlicht am: 28.09.2023

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