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Montag, 29. April 2024
   
 

Die Börsenkorrektur hat begonnen – Buy the dip!

... von David Wehner, Head of Liquid Assets, Do Investment


Die jüngsten Zinsentscheidungen der großen Notenbanken waren alle wie zuvor erwartet. Inflationsraten stagnieren oder kommen zurück, alle warten, was in den nächsten Monaten passiert.

Kein Währungshüter möchte die Wirtschaft komplett abwürgen. Hinzu kommt, dass die Notenbanken die Märkte nicht mehr wie früher überraschen wollen, weil die dadurch ausgelösten Kursschwankungen ihnen zusätzliche Probleme bereiten. Die Aussagen zum künftigen Zinsniveau waren daher vergleichsweise deutlich.

Merkwürdig war, wie der Markt das interpretiert hat. Die meisten Marktteilnehmer verstanden die Europäische Zentralbank so, dass sie mit den Zinserhöhungen nun fertig sei. Klar, dass der Markt darauf euphorisch reagierte. Aber die Fed hat Anlegern weit weniger Hoffnungen gemacht als erwartet. Obwohl der US-Leitzins schon 1,00 Prozentpunkte höher als der Leitzins der Eurozone ist, hat die Fed suggeriert, dass sie Zinsentscheidungen an den Daten festmacht. Übersetzt heißt das, dass eine weiterhin unerwünscht hohe Inflationsrate auch neue Zinserhöhungen erforderlich machen könnte. Danach hat die Börse erstmal kräftig nach unten gedreht. Diese Korrektur setzt sich seit vergangener Woche fort.

Die große Interpretationsbandbreite mit Blick auf die Notenbanken ist schon erstaunlich. Dabei ist es gut möglich, dass die EZB die Zinsgipfel-Euphorie irgendwann nochmal zurücknehmen muss, wenn die Energiepreise weiter steigen und Lebensmittel noch teurer werden. Meine These ist, dass nicht die Inflation wie lange behauptet nur vorrübergehend ist, sondern nur der Rückgang der Inflation, die sogenannte Disinflation. Dann müssten die Notenbanken die Zinsen weiter hochhalten oder sogar weiter erhöhen.

Bleiben die Zinsen wider Erwarten hoch, dürfen die hohe Staatsverschuldung nicht vergessen. Allein die USA haben in den vergangenen Monaten ein Billion Dollar neue Schulden aufgenommen. Inzwischen zahlen die Vereinigten Staaten mehr für ihre Zinsbelastung als für den Militärhaushalt. Schon wieder droht ein Shutdown, wenn die Schuldenobergrenze nicht angehoben wird. Deswegen bieten US-Staatsleihen derzeit eine Risikoprämie gegenüber Europa. Im Streit um die erneute Anhebung der Schuldenobergrenze könnten Ratingagenturen zudem die Bonitätsnote der USA erneut zurückstufen. Dann dürfte der Markt kaskadenartig noch höhere Risikoprämien auf Renten und Aktien verlangen. Die Altschulden der Staaten werden zudem rollierend immer teurer, wenn alte Staatsanleihen auslaufen und in höher verzinste Anleihen umgeschuldet werden muss. Das ist eine sehr schwierige Situation für die Staaten und die Zentralbanken.

Wenn die Basiseffekte der bisherigen Zinserhöhungen ihre Wirkung verlieren, kann die Inflationsrate wieder ansteigen, etwa weil die Ölpreise weiter klettern oder China ein Konjunkturprogramm auflegt und seine Rohstoffnachfrage erhöht. Die Mietpreise und Energiekosten sind weiter hoch, auch bei Lebensmitteln gibt es Anzeichen für weitere Preiserhöhungen. Die Restaurantpreise werden spätestens mit der Mehrwertsteuererhöhung kommendes Jahr steigen, ebenso die CO2-Preise und damit die Energiepreise. Das werden wir also an der Zapfsäule, bei den Flugpreisen, beim Essen und vielem mehr merken. Das wäre ein guter Grund für die Zentralbanken, länger als erwartet auf dem hohen Zinsniveau zu beharren oder sogar noch mal die Zinsen zu erhöhen.

Das Thema Inflation ist also alles andere als bereits abgehakt. Wir werden im Durchschnitt in diesem Jahrzehnt höhere Inflationsraten sehen, als wir es gewohnt sind. Das wird wellenartig passieren. Es wird auch gegenläufige Effekte geben. Aber ein Großteil der Nachfrage kommt heute aus Märkten außerhalb der Eurozone, vor allem aus China und Indien. Deshalb können die Preise nicht so sinken, wie es in der Eurozone nötig wäre.

Anleger am Aktienmarkt, die bis in den Sommer hinein noch an ein Ende der Zinserhöhungen geglaubt haben und bei der Aussicht auf Zinssenkungen zur Bekämpfung der Rezession ganz euphorisch waren, dürften enttäuscht werden. Zum einen, weil sich das Bild an der Börse durch Anleiherenditen auf Höchststand gewandelt hat. Zum anderen, weil selbst bei zeitweilig rückläufiger Inflation Nachfragesteigerungen auf ein Rezessionsumfeld treffen. Mittlerweile deuten die Konjunktur-Frühindikatoren an, dass nicht nur Deutschland, sondern auch Frankreich, ja sogar die ganze Eurozone im vierten Quartal oder im ersten Quartal 2024 in eine Rezession hineinrutschen.

Zuletzt gingen die Markteilnehmer mehrheitlich davon aus, dass wir aufgrund der Rezessionsgefahren den Zinsgipfel – also das Ende der Zinserhöhungen durch die Notenbank- – erreicht haben. Im Abschwung wäre die Inflationsrate nach dieser Lesart nicht mehr so ein Problem, das zeigt die Historie. Zum Börsenhoch im August trieb die Hoffnung, die Zinsen könnten wegen der Rezessionsgefahr sogar rasch wieder sinken und die Märkte mit frischer Liquidität versorgen, den Aktienmarkt auf ein neues Hoch. Doch unter diesen Umständen müssen Anleger damit rechnen, dass Zinssenkungen bei den Notenbanken absehbar kein Thema sind. Die Zinsen bei den langen Anleihelaufzeiten dürften mit 4,50 Prozent Rendite bei zehnjährigen US-Staatsanleihen und 2,70 Prozent für Bundesanleihen gleicher Laufzeit ihren Hochpunkt fast erreicht haben. Bei den kurzen Laufzeiten ist ohne Zinssenkungen der Notenbanken auch kein Rückenwind für die Anleihekurse zu erwarten.

Mit dem Verpuffen der Euphorie sehen wir nun eine deutliche Korrektur an den Börsen, weil bullishe Investoren jetzt auf die Bärenseite wechseln. Jetzt profitieren Anleger, die sich rechtzeitig defensiv positioniert und seit dem Sommer Gewinne mitgenommen haben. Auch bei Do Investment haben wir die Aktienquote in den vergangenen Wochen um ein Drittel gesenkt, viele Zykliker und Industriewerte verkauft und auch Japan-Investments in der Euphorie halbiert. Selbst unsere Goldposition haben wir reduziert, da die hohen Anleiherenditen den Goldpreis noch länger belasten dürften. Zudem werden wir nun nach und nach von kurzlaufenden in langlaufende Anleihen umschichten.

Die Anleiherenditen der zehnjährigen US-Treasuries könnten auch noch auf 4,75 Prozent steigen. Wenn der Markt nun aber keinen inflationären, sondern einen konjunkturellen Bärenmarkt durchspielt, dürften die langfristigen Zinsen wieder fallen. Fraglich bleibt, ob die Zentralbank wegen der hohen Zinsen bei den kurzen Laufzeiten nochmals an der Zinsschraube dreht. Die Gesamtgemengelage bietet jedenfalls das Potenzial für einen starken Dip an den Börsen.

Aus meiner Sicht wäre eine Korrektur am Aktienmarkt um zehn bis 15 Prozent nach unten angebracht. Im S&P 500 könnte es runter gehen bis 4200 Punkte, an der Nasdaq bis auf 13.500 Punkte. Das böte Anlegern eine Chance auf neue Kaufgelegenheiten. Wir warten also die Korrektur ab und kaufen dann wieder zu, was wir vorher reduziert hatten: Tech-Aktien, Industrie, aber auch Japan oder Gold.

So eine Korrekturphase muss nicht sehr lange dauern, sie könnte schon bald vorbei sein. Im Jahr vor einer US-Wahl gibt es regelmäßig eine Herbstrally, die den Markt meist ab Oktober antreibt und bis zum Jahresende trägt, manchmal sogar bis in das ersten Quartal hinein. Dann dürften Anleger, die den Sommer für Gewinnmitnahmen genutzt haben und wieder einsteigen können, die Nase vorn haben.

 

Veröffentlicht am: 29.09.2023

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