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Samstag, 5. Oktober 2024
   
 

SANDRA DEL PILAR:„WIRKLICH, ICH LEBE IN FINSTEREN ZEITEN!“

Ausstellung im Kunstmuseum Moritzburg



Der Ausstellungssommer des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) steht ganz im Zeichen der zeitgenössischen Kunst. Ab Sonntag, 21. Juli 2024, ist neben der Ausstellung Ghost Fire des Collectif Grapain unter dem Titel „Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!“ Sandra del Pilar: Malerei eine große Werkschau der deutsch-mexikanischen Künstlerin zu sehen.


Kann Kunst gesellschaftlich etwas bewirken? Welche Relevanz und Verantwortung hat Kunst für uns und unser gesellschaftliches Miteinander? Mit der Sonderausstellung von Sandra del Pilar (* 1973) präsentiert sich das Landeskunstmuseum am Puls der Zeit und positioniert es sich zu Themen und Fragen, die unsere Gesellschaft bewegen. Die Werke der deutsch-mexikanischen Malerin und Post-Konzeptkünstlerin besitzen aufgrund der aktuellen weltweiten Entwicklungen traurige Aktualität und Relevanz. Kriege und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind u. a. Themen, die Sandra del Pilar mit Blick auf Vergangenheit und Gegenwart ihrer beiden Heimaten – Deutschland und Mexiko – seit vielen Jahren beschäftigen. Sie formuliert ihre aufwühlenden Sujets in einer gegenständlichen Bildsprache. Ihre Themen kreisen um die Spielarten der Macht: Macht der Deutungshoheit, Macht der Definition, Macht der Gewalt, Macht asymmetrischer Verhältnisse, Macht des Sichtbarkeitsregimes. Diese Macht wird über die technischen Raffinessen hochkomplexer Malerei, ein von ihr entwickeltes aufwendiges Verfahren, dezidiert körperlich erlebbar gemacht und auch das Bild selbst als Medium und Schauplatz des „ästhetischen Ereignisses“ reflektiert.

In ihren frühen Gemälden arbeitete Sandra del Pilar zunächst klassisch in Öl auf Leinwand. In den 2010er Jahren begann sie, mit mehreren räumlichen Bildebenen zu experimentieren. Dabei malte sie zunächst über die Acrylfarbe eine Schicht mit verdünnter Ölfarbe, wodurch eine Bildtiefe entstand, die nicht perspektivisch erzeugt wurde. In ihrem Selbstporträt Amenaza (2015) nutzte sie erstmals eine Gaze als separate, der Leinwand vorgeblendete Bildebene. Diese Synthetikfasern finden traditionell unterschiedliche Verwendung, zum Beispiel als Tüllstoffe oder Filtermaterial. Die Maschen sind unterschiedlich groß und lassen das Licht ungleichmäßig durch. Mehrere Lagen übereinander erzeugen einen flirrenden Effekt. Lässt man zwischen den Lagen einen gewissen Abstand, kommt ein bewegliches Flimmern hinzu und die Durchsicht wird eine andere. Je nach Standpunkt des Betrachters werden unterschiedliche Bildebenen und damit Malschichten sichtbar. Die Gaze-Materialien geben der Künstlerin die Möglichkeit, Eindeutigkeit zu hinterfragen und die so erzeugte Uneindeutigkeit an das Publikum weiterzugeben.

Thomas Bauer-Friedrich, Direktor Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale): „Ich bin stolz, dass wir mit der Werkschau von Sandra del Pilar als Museum Denkanstöße zur Beantwortung von uns alle beschäftigenden Fragen geben können. Keines der ausgestellten Werke ist just ‚l’art pour l’art‘ im Sinne der Kunst der Decadence der Jahrhundertwende um 1900. Themen, die die Künstlerin – und uns alle – tagtäglich umtreiben und beunruhigen, versucht sie, mit Hilfe der Kunst zu hinterfragen und zu formulieren. Ihre Gemälde sind physisch erfahrbare und zu erkundende Arbeiten, die zum Teil den Charakter von Installationen annehmen, in die das Publikum eintauchen kann und soll. Auf diese Weise ist die Ausstellung von Sandra del Pilar etwas sehr Besonderes, unmittelbar auf Geist und Körper Wirkendes und im besten Sinn des Wortes Aufwühlendes. Sie wird niemanden unberührt lassen und mit Sicherheitpolarisieren – Kunst, die zum Nachdenken und gedanklichen Austausch anregt!“

Neben dem großen Ausstellungsbereich in der Westbox birgt das Turmkabinett eine besonders eindrucksvolle Arbeit der Künstlerin: Ayotzinapa. Sie ist das erste Mal überhaupt außerhalb Mexikos und in Deutschland zu sehen. Sie beschäftigt sich mit dem grausamen Massaker, das im Herbst 2014 an 43 mexikanischen Studenten verübt wurde. Die Installation ist ein Versuch der Bewältigung des Unfassbaren und der Trauer darüber sowie des nicht endenden Erinnerns.

Eine weitere Besonderheit ist eine Intervention, die Sandra del Pilar im Auftrag des Museums an einem Gemälde aus dem Bestand vorgenommen hat. Seit 2017 thematisiert das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) als Teil der permanenten Sammlungspräsentation Wege der Moderne in einem eigenen Abschnitt die Kunst im Nationalsozialismus und vermittelt Wissen sowohl um die Möglichkeiten des Fortwirkens einer modernen Bildsprache als auch das Sich-Anpassen an die diffamierende und diskriminierende Ideologie der Nationalsozialisten.

Sandra del Pilar war bereits 2021 vom Museum Wilhelm Morgner in Soest eingeladen worden, eine künstlerische Intervention für den Umgang mit einer Porträtbüste Adolf Hitlers aus dem Jahr 1932 zu erschaffen. Entstanden ist die Arbeit Toxic Box / Receptacle for toxic culture. Das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) hat die Künstlerin eingeladen, das 1942 entstandene Gemälde Kampfgeist von Will Tschech aus dem eigenen Sammlungsbestand zu intervenieren. Auf eindrucksvolle Weise verdeutlicht das so entstandene neue Werk 42/24: Der Schoß ist fruchtbar noch … die Kontinuitäten bzw. Traditionslinien zwischen nationalsozialistischer Ideologie und aus ihr entlehnten Begriffen, die uns heute (wieder) begegnen. Beide Werke sind als Interventionen in die Sammlungspräsentation des Museums integriert.

Sandra del Pilar

1973 geboren in Mexiko-Stadt
1997 sowie 2004 Stipendiatin des Deutschen Akademischen Austauschdienstes
1998 Magister im Fach Kunstgeschichte an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf
2002–05 Stipendiatin der Studienstiftung des Deutschen Volkes
2005 Promotion im Fach Kunstgeschichte an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf
2007 Master im Fach Malerei an der Academia de San Carlos, Mexiko-Stadt
2019 Promotion an der Fakultät fur Kunst und Design der Universidad Nacional Autonoma de Mexico (UNAM), Mexiko-Stadt
2019–22 Stipendium für Malerei des Fondo Nacional para la Cultura y las Artes (FONCA), Mexiko

Die Werke Sandra del Pilars wurden mehrfach ausgezeichnet, u. a. ehrenvolle Erwähnung beim Premio Nacional de Pintura „Angel Zarraga“, Durango (2022); erster Platz des Kunstpreises der Stadt Hamm, Gustav-Lübcke-Museum (2018); erster Preis der Biennale Pedro Coronel (2012); erster Preis im Wettbewerb Jose Maria Covarrubias im Museo Universitario del Chopo, Mexiko-Stadt (2011).

Ihre Werke sind in zahlreichen Museen, öffentlichen und privaten Sammlungen, in Galerien (Berlin, Istanbul, Miami und Mexiko-Stadt), auf internationalen Kunstmessen (u. a. Art Basel in Hong Kong, Contemporary Istanbul, CI Bloom, Art Dubai, Zona Maco, Art Cologne, Art Düsseldorf) sowie auf Biennalen in Mexiko, Deutschland, der Türkei, Frankreich, Belgien, China und Bolivien vertreten.

Sandra del Pilar lebt und arbeitet freischaffend in Soest und Cuernavaca (Mexiko).

Audioguide

Der Rundgang durch die Ausstellung kann durch eine Audio-Produktion erweitert werden, in der der Museumsdirektor, Thomas Bauer-Friedrich, die Kuratorin der Ausstellung, Dr. Manja Wilkens, und die Künstlerin im Gespräch ausgewählte Werke vorstellen und über Hintergründe und Inhalte informieren.

Katalog


Zur Ausstellung ist im E. A. Seemann Verlag ein umfangreicher Katalog erschienen:
Band 32 der Schriften für das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale)
Hrsg. von Christian Philipsen
Klappenbroschur mit Transparentpapier-Umschlag, Otabind-Bindung, 24 × 30 cm, 192 Seiten, 157 Abbildungen
ISBN: 978-3-86502-535-7
35 Euro (im Museumsladen)
38 Euro (im Buchhandel)

Begleitprogramm

Führungen
jeden Sa | 15 Uhr

Kuratorinnenführung mit Dr. Manja Wilkens
Sa | 03.08. und 12.10.2024 | jeweils 15 Uhr

Kunst am Nachmittag
Di | 30.07.2024 | 14 Uhr

Kunst und Konversation
Do | 25.07.2024 | 16 Uhr

KunstGenuss
Do | 08.08.2024 | 12.30 Uhr

Führung in Einfacher Sprache
Do | 22.08.2024 | 16.30 Uhr
Anmeldung: bis 15.08.2024, 12 Uhr über +49 345 21259-52
oder theresa.leschber@kulturstiftung-st.de

Expertenführung mit Museumsdirektor Thomas Bauer-Friedrich
Do | 19.09.2024 | 16 Uhr

ART-QUIZ
Do | 05.09.2024 | 18 Uhr
Alle können mitmachen!

Tandemführung mit Künstlerin und Direktor
Di | 01.10. und 08.10.2024 | jeweils 15 Uhr

Anderwelt – Szenische Lesung mit anschließendem Gespräch
Di | 01.10.2024 | 18.30 Uhr

Ist politische Kunst ein Relikt oder muss Kunst heute politisch sein?
Di | 08.10.2024 | 18.30 Uhr
Gespräch mit Dr. Dr. Sandra del Pilar (Künstlerin), Prof. Dr. Wolfgang Ullrich
(Kunsthistoriker und Kulturwissenschaftler), Prof. Dr. Rainer Metzger (Kunsthistoriker und Autor) und Thomas Bauer-Friedrich (Museumsdirektor)

Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale)
Friedemann-Bach-Platz 5
06108 Halle (Saale)
T: +49 34521259-12
F: +49 345 20299-90
info@kulturstiftung-st.de
www.kunstmuseum-moritzburg.de
www.kulturstiftung-st.de

Bild: Sandra del Pilar: Soldados 1846 (I), 2022, Öl und Acryl auf Leinwand und transparenter Synthetikfaser, 200 x 180 cm, Stiftung Kulturstadt Soest
Foto: André Carvalho & Tugba Carvalho – Chroma © Sandra del Pilar

 

Veröffentlicht am: 07.08.2024

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