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Montag, 29. April 2024
   
 

Wann gerät das Verbrauchervertrauen ins Wanken?

... von Sven Schubert, Senior Investment Strategist bei Vontobel



Selten waren die Aktien- und Anleihemärkte so uneins wie in letzter Zeit. Während die Aktienmärkte die Möglichkeit einer Rezession abtun, scheinen die Anleihen fest mit einer solchen zu rechnen. Da dieser Zyklus bekanntermaßen schwer vorherzusagen ist, lautet die entscheidende Frage: Wann wird das Verbrauchervertrauen ins Wanken geraten?

Portfoliopositionierung wird zur Glaubensfrage


Die Rezessionserwartungen wurden wiederholt durch robuste Verbraucher, Arbeitsmärkte und die Gesamtwirtschaft widerlegt, die einen potenziellen Abschwung weiter in die Ferne rücken lassen - trotz der weiterhin hohen Inflation und der gemischten Signale der US-Notenbank in Bezug auf den künftigen Zinspfad. Aktien haben die Gelegenheit genutzt, um zuzulegen − unterstützt von verlockenden Technologie- und KI-Themen. Währenddessen haben Anleihen eine andere Wendung genommen:  Sie preisen eine hohe Rezessionswahrscheinlichkeit ein, da die Renditekurven in vielen Industrieländern invertiert sind und die Spreads sich nicht mehr verengen. Diese Dichotomie offenbart einen starken Widerspruch in den Finanzmärkten, die sich über die Zukunft der Weltwirtschaft uneinig zu sein scheinen. Das macht Portfoliopositionierungen weniger zu einer datengetriebenen Tatsachenermittlung als vielmehr zu einer Glaubensfrage.

Drei Faktoren bestimmen Verbrauchervertrauen

Vieles hängt von der Entwicklung der Verbrauchernachfrage ab, die sich bislang als überraschend stark erwiesen hat. Im Allgemeinen kann das Verbrauchervertrauen vor allem durch drei verschiedene negative Ereignisse erschüttert werden:

1. Steigende Verbraucherpreise
2. Verlust von Arbeitsplätzen
3. Sinkende Immobilienwerte

Was den ersten Punkt betrifft, so sind die Preise bereits gestiegen, wovon viele Menschen in allen Regionen betroffen sind. Trotz erster Anzeichen eines Rückgangs, zumindest auf der Ebene der Gesamtinflation, bleibt die Kerninflation in den meisten Industrieländern weiterhin hoch, zeitweise bis zu 10,9 %, wie in Norwegen. Allerdings hat die Verbraucherpreisinflation die Konsumausgaben noch nicht wirklich beeinträchtigt. Das liegt daran, dass die Menschen immer noch auf die Ersparnisse zurückgreifen können, die sie während der Pandemie angesammelt haben, was die Fähigkeit der Haushalte erhöht hat, Schocks und Krisen aufzufangen.

Tatsächlich haben sich die Schulden auf die Regierungen verlagert, die sich infolge der aggressiven Konjunkturmaßnahmen während der Pandemie mit immer größeren Schuldenbergen konfrontiert sehen - trotz des jüngsten Rückgangs der Staatsverschuldung im Verhältnis zum BIP dank der starken Wachstumserholung nach Corona. Im Jahr 2021 beliefen sich die Ersparnisse der US-Haushalte auf über 2 Billionen US-Dollar, was deutlich über dem Durchschnitt liegt. Es wird jedoch erwartet, dass diese Ersparnisse bei der derzeitigen Ausgabenrate bis Ende des Jahres verschwunden sein werden. Das macht die Verbrauchernachfrage anfälliger und könnte zu einer Änderung der Nachfragemuster führen.

Die Arbeitsmärkte sind immer noch angespannt, zeigen aber erste Anzeichen einer Entspannung. Mit Ausnahme von Italien liegen die Arbeitslosenquoten in den G7-Ländern weiterhin in der Nähe ihrer 30-Jahres-Tiefststände. In den USA hat die Arbeitslosenquote sogar ein 50-Jahres-Tief erreicht. Allerdings deuten die Pläne für Neueinstellungen, die befristete Beschäftigung und die Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung darauf hin, dass sich die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft in den kommenden Monaten verschlechtern könnte.

Immobilienschwäche durch Rahmenbedingungen abgefedert

Die Immobilienmärkte sind mit einem Fragezeichen versehen und bedürfen einer weiteren Analyse. Die Wohnimmobilienaktivität in den Schwellenländern und den Industrieländern ist historisch schwach und nähert sich dem Niveau während der US-Immobilienmarktkrise von 2007/08. In den Schwellenländern erholt sich der Aktivitätsindikator jedoch bereits. Insbesondere der chinesische Wohnungsmarkt hat nach unserem Konjunkturmodell Wave einen Boden gefunden. Eine genauere Betrachtung der Länder zeigt, dass die schwächste Aktivität in Skandinavien, Australien und Neuseeland zu finden ist.

Obwohl eine Verschlechterung der Immobilienmarktaktivität einen Wirtschaftsabschwung beschleunigen könnte, insbesondere in Verbindung mit einer anhaltenden Liquiditätsverknappung, gibt es gute Gründe für die Annahme, dass die derzeitige Schwäche keine ähnlichen Folgen haben wird wie 2007/08. Erstens ist das Aktivitätsniveau in wichtigen Ländern wie den USA und der WWU derzeit nicht besorgniserregend. Zweitens sind die Bilanzen der systemrelevanten Banken in den Industrieländern wesentlich solider als während der Großen Finanzkrise. Drittens gibt es in den wichtigsten Ländern keine eindeutigen Anzeichen für ein Überangebot auf dem Wohnungsmarkt, das einen Abwärtsdruck auf die Preise ausüben könnte. Viertens ist die Laufzeit der Hypotheken im Durchschnitt deutlich höher als während der Großen Finanzkrise, mit Ausnahme einiger skandinavischer und baltischer Länder. Und schließlich ist der Verschuldungsgrad der privaten Haushalte, wie bereits erwähnt, deutlich geringer als während der Finanzkrise.

So schwierig es für Ökonomen ist, diesen Zyklus zu prognostizieren, so schwierig ist es auch für Anleger, sich zu positionieren: Sollen sie an der Aktieneuphorie teilhaben oder sich in die Anleihenflaute einkaufen? Die unbequeme Wahrheit ist, dass COVID-19 und die darauf folgende Geld- und Fiskalpolitik viele etablierte Weisheiten auf den Kopf gestellt und gängige Annahmen über Wirtschaftszyklen, Inflationsverhalten und Korrelationen von Vermögenswerten widerlegt haben. Daher sind die Anleger gut beraten, bei ihren Aktienengagements eine gewisse Vorsicht walten zu lassen, indem sie diese entweder moderat halten oder über Optionen absichern. So können sie an der Aufwärtsbewegung teilhaben, ohne zu vergessen, dass wir noch nicht über den Berg sind.

 

Veröffentlicht am: 22.06.2023

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