Zu Gast bei einer Wanderarbeiterin

Eigentlich meint man, dass schreibende Menschen sich irgendwo hinter ihrem Schreibtisch verbarrikadieren oder in ihrem Lieblingscafé am Laptop sitzen. Das mag auch stimmen und so kann man auch ein Buch schreiben. Doch wer will, dass Menschen von ihrem Buch erfahren, dass man es womöglich auch noch gut findet und im besten Fall sogar kauft, bleibt nichts weiter: Autoren müssen sich auf Wanderschaft begeben.

So eine Wanderschaft heißt im Branchenjargon Lesereise. Das ist aber nichts weiter, als eine Wanderschaft von der Buchmesse, in die nächste Buchhandlung oder einen anderen Vorleseraum. Mal sitzen da fünf Hansel, mal etwa 50. Letzteres war gestern der Fall. Lucia Jay von Seldeneck war nach Bad Saarow ins FREILICH AM SEE gereist, um aus ihrem Erstlings-Roman „Weltfrieden“ zu lesen. Es geht nicht um den Krieg in der Ukraine, es ging gar nicht um militärisches. Namensgeber des Romans war ein Kindergarten in der DDR, den man so benannt hatte. Ja, es geht um die Zeit nach der Wende. Dabei offeriert die in Westberlin geborene Lucia Jay von Seldeneck einen ganz eigenen Blick auf die Zeit nach der Wende, einen Blick ganz abseits von Filmen wie „Sonnenallee“.

Doch das eigentliche Erlebnis war die Autorin, die unter anderem für den Tagesspiegel und die taz schreibt. Die Wanderarbeiterin in eigener Sache konnte nämlich eines, was vielen Kolleginnen und Kollegen von ihr abgeht: Sie konnte wundervoll lesen. Sie würde jeden Vorlesewettbewerb gewinnen. Das macht ihre Lesereise es zu einem echten Ereignis. Wie oft das leider nicht der Fall ist, kann man demnächst wieder auf der Leipziger Buchmesse erleben.

Das zweite Ereignis des Abends war der Veranstaltungsort, das FREILICH AM SEE in Bad Saarow. Das ist ein Genussort per excellence. Es ist ein Traumplatz am See, an dem man einen guten Tropfen genau wie leckes aus der Küche genießen kann. Die Portionen sind reichlich und man hat sich für eine bayrisch-preußische Küche entschieden. Hier kann man die Seele baumeln lassen, aber auch tiefgründige Gespräche führen. Dazu findet man immer einen im Kultur-Hotspot Bad Saarow. Vorsicht, in den Ort haben sich schon sehr viele schockverliebt und sind geblieben.

Foto: eigen