Die aktuellen Schlagzeilen werden größtenteils von Neuigkeiten über den von Donald Trump am 2. April, dem sogenannten „Befreiungstag“, begonnenen Zollkrieg beherrscht. Nachdem Trump allen seinen Handelspartnern überhöhte Zölle auferlegt hatte, entschied er sich für eine 90-tägige Pause und gab damit dem Druck der Anleihemärkte nach. Unmittelbar nach Bekanntgabe der 50 %igen Zölle für die Europäische Union verschob Trump die Umsetzung auf den 9. Juli – ein weiterer Beleg für seine wankelmütige Entscheidungsfindung. Leider dürfte dies künftig zur Regel werden.
Für Unternehmen hat diese Entscheidungsfindung mehrere direkte Folgen. Zunächst einmal steigen die Lagerbestände. Nach Angaben von S&P Global[1] haben sie seit der ersten Erhebung vor 18 Jahren ein Allzeithoch erreicht. Hohe Lagerhaltung haben das Wachstum in den letzten Monaten begünstigt, bedeuten aber auch, dass sich die Nachfrage mittelfristig abschwächen dürfte. Eine weitere unmittelbare Folge ist die Streichung oder Verschiebung von Investitionen und Neueinstellungen durch die Unternehmen. Und schließlich werden dieselben Unternehmen je nach ihren Möglichkeiten zwischen einer Verringerung der Margen oder einer Preiserhöhung wählen müssen.
Die jüngsten Daten des Erzeugerpreisindex (PPI[2]) zeigen, dass die Preise in den Gütersektoren tatsächlich steigen. Sie sinken in den Dienstleistungssektoren, was unseres Erachtens Ausdruck eines anhaltenden Margenverfalls ist. Die Federal Reserve wird mit gegensätzlichen Signalen konfrontiert werden. Letztendlich dürfte das inflationäre Umfeld überwiegen und die Inflation in den kommenden Monaten wieder auf über 3 % ansteigen. Vor diesem Hintergrund wird der Fed nichts anderes übrigbleiben, als eine deutliche Verschlechterung auf dem Arbeitsmarkt abzuwarten, bevor sie handelt, was frühestens im September der Fall sein wird.
Die fehlende Haushaltsdisziplin der USA ist ebenfalls bemerkenswert: Mögliche Steuersenkungen, die derzeit im Senat diskutiert werden, dürften das Defizit, das bereits bei 7 % liegt, weiter erhöhen. Angesichts des prognostizierten Anstiegs der Anleiheemissionen und einer Schuldenlast, die in den kommenden Jahren erheblich zunehmen wird, könnte jede negative Entwicklung die US-Anleihemärkte destabilisieren. Da dies negative Auswirkungen auf alle risikoreichen Anlageklassen haben würde, ist dieses Szenario für uns sehr besorgniserregend.
In der Eurozone ist die Lage, wie bereits vor einigen Monaten erwartet, stabiler – für 2025 wird ein langsames Wachstum erwartet. Auf lange Sicht gibt es jedoch Grund zum Optimismus. Die sinkenden Ölpreise dürften sich – mit der üblichen Verzögerung von 6-9 Monaten - positiv auf das Wachstum auswirken. Der Anstieg des Euro in Verbindung mit dem Rückgang der Ölpreise wird es der EZB ermöglichen, ihren Zinssenkungszyklus bei Bedarf fortzusetzen. Darüber hinaus lässt sich das von Deutschland angekündigte sehr umfangreiche Konjunkturprogramm nicht ignorieren. Rechnet man die Aufstockung der Infrastrukturausgaben um 500 Milliarden Euro über einen Zeitraum von zehn Jahren und den Plan „Bereitschaft 2030“ (Weißbuch zur europäischen Verteidigung) zusammen, werden in den nächsten zehn Jahren zusätzliche 20 % des BIP in die deutsche Wirtschaft fließen. Die Summe ist gewaltig und dürfte in den kommenden Jahren zu besseren Wachstumsaussichten für Deutschland und in geringerem Maße auch für die Eurozone führen.
Angesichts der derzeitigen volatilen Märkte, die größtenteils den Launen der US-Regierung ausgesetzt sind, erscheint es schwierig, zu stark von unseren Indizes abzuweichen. Wir glauben jedoch, dass die Abwärtsrisiken zurzeit überwiegen: Die Lagerbestände werden abgebaut, was zu Enttäuschungen beim mittelfristigen Wachstum führen dürfte. Gleichzeitig könnte der anhaltende Anstieg der langfristigen Zinsen, insbesondere in den USA, die Bewertung risikoreicher Anlagen negativ beeinflussen. Daher ist vor der Sommerpause eine gewisse Vorsicht angebracht.