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Samstag, 14. Juni 2025
   
 

Deutschland – das neue Amerika?

... von Alexis Bienvenu, Fondsmanager bei LFDE

Seit Jahresbeginn verzeichnen deutsche Aktien eine beeindruckende Entwicklung. Während weltweite Aktien[1] ein Plus von 2,7 % verbuchten, legte der DAX um 22 % zu – deutlich stärker als europäische Titel, die immerhin um 10,7 % stiegen.

Deutscher Aktienmarkt mit Rückenwind


Für die deutsche Börse scheint seit einigen Monaten alles zu stimmen: ein neuer, konservativer Kanzler, was für Anleger grundsätzlich günstig ist – wenngleich in Maßen, da er an der Spitze einer großen Koalition steht.  Für die Märkte ist das eine ideale Konstellation. Hinzu kommt eine historische Reform der Haushaltsregeln, die von einem für die Bundesrepublik ungewöhnlichen Konsens getragen wird und eine Ankurbelung der Wirtschaft über die Aufnahme von Schulden ermöglicht. Ebenfalls förderlich ist das gigantische Programm zur Unterstützung von Rüstungs- und Infrastrukturausgaben, das von der Europäischen Union befürwortet wird. Und schließlich der politische Wille zur langfristigen Unterstützung von Investitionen in Produktionsmittel, wie ihn die am 4. Juni vorgelegten Pläne zur Unternehmensbesteuerung belegen. Letztere sollen eine Senkung der Unternehmenssteuern um 5 Prozentpunkte bis 2032 ermöglichen.

Ist Deutschland angesichts all dessen also das neue Amerika? Werden die Kapitalflüsse in der Bundesrepublik über die Ufer treten, so wie sie schon seit Jahrzehnten das Silicon Valley überschwemmen? Gewisse Vorbehalte trüben dieses idyllische Bild.

Schwachstelle Exportabhängigkeit

Zunächst einmal ist der Plan zur Senkung der Unternehmenssteuern gar nicht so gewaltig. 46 Milliarden Euro bis 2029 entsprechen etwas weniger als einem Prozent des BIP über vier Jahre. Dies wird das wirtschaftliche Umfeld nicht radikal verändern. Die Pläne für neue Rüstungs- und Infrastrukturausgaben sind wesentlich bedeutender. Hier geht es um etwa 1.000 Milliarden Euro über zwölf Jahre, wobei spürbare Effekte aber erst ab 2026 eintreten dürften. Bis dahin bleiben die Aussichten für das Wirtschaftswachstum noch eher trübe. Den Konsensschätzungen von Bloomberg zufolge soll es 2025 nach zwei Jahren im leicht negativen Bereich bei dürftigen 0,1 % und 2026 nur bei 1,1 % liegen. Das ist alles andere als ein Höhenflug, selbst wenn die Prognosen zur Abwechslung einmal nach oben korrigiert werden könnten.

Zudem hat die Bundesrepublik eine besondere Schwachstelle mit Blick auf den Handelskrieg, den die USA losgetreten haben. Grund dafür ist die große Abhängigkeit der deutschen Wirtschaftsstruktur vom Welthandel, die dem hohen Exportanteil an den deutschen Unternehmensumsätzen geschuldet ist. Da die weltweiten Wachstumsaussichten durch die Maßnahmen der USA destabilisiert werden, ist mit erheblichem Gegenwind zu rechnen.

Hohe Bewertungsniveaus im DAX

Hinzu kommt, dass der deutsche Markt sehr stark von zwei dominanten Sektoren angetrieben worden ist – nämlich von Investitionsgütern, darunter Rheinmetall und Siemens Energy, und von SAP, dem Technologie-Kronjuwel des Landes. Doch diese Titel sind mittlerweile sehr teuer geworden. Nach einem Anstieg um 205 % seit Jahresbeginn – und 2400 % über fünf Jahre – wird Rheinmetall nach dem Bloomberg-Konsens nun zu mehr als dem 60-fachen des voraussichtlichen Gewinns pro Aktie im Jahr 2025 gehandelt und der DAX seinerseits zum 17-fachen der Gewinne. Siemens Energy hat in diesem Jahr bereits um 77 % zugelegt und wird mit etwa dem gleichen KGV gehandelt wie Rheinmetall. Bei diesem Bewertungsniveau dürfte es schwierig sein, mit positiven Überraschungen aufzuwarten, während eine Enttäuschung schwerwiegende Auswirkungen hätte.

Small und Mid Caps mit Aufholpotenzial zu Blue Chips

Die deutsche Börse bietet aber auch Werte jenseits der großen Marktkapitalisierungen. In den kleinen Unternehmen liegen Chancen. Sie haben zwar in diesem Jahr auch bereits um 25 % zugelegt, doch es besteht über fünf Jahre betrachtet immer noch ein bedeutender Rückstand gegenüber den großen Titeln. Sie sind den Turbulenzen des Welthandels weniger stark ausgesetzt, erhalten aber dennoch Unterstützung durch die heimischen Konjunkturmaßnahmen. Daher könnten sie in den nächsten Quartalen sehr gute Wertentwicklungen verzeichnen, wenn das Vertrauen von einem positiven Rückkopplungseffekt gestärkt wird.

Die Haltung der derzeitigen Regierung spielt eine Schlüsselrolle, damit der Enthusiasmus, der in Bezug auf die deutsche Wirtschaft jüngst wieder aufgekommen ist, bestehen bleibt. Gelingt es ihr auch weiterhin, diese Begeisterung zu erhalten, wird sie die Früchte einer – zumindest teilweisen – Umlenkung der üblicherweise in die USA fließenden Kapitalströme ernten können, während andere europäische Länder weiter mit ihren Haushaltsproblemen zu kämpfen haben. Erste Anzeichen geben Grund zur Hoffnung.

Nach der Blütezeit des Silicon Valley könnte jetzt also die Stunde des „Metall Valley“ am Rhein geschlagen haben.

[1] Stand vom 5. Juni, abgesichert in Euro.

 

Veröffentlicht am: 11.06.2025

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