
Der Börsenmonat November war unruhig, Schwellenländer- und europäische Aktien erlitten Einbußen und die US-Börsen beendeten den Monat in Euro nahezu exakt auf Vormonatsniveau, beschreibt Thomas Böckelmann, Leiter Portfoliomanagement bei Dolphinvest Capital, in seinem Monatsbericht die Entwicklung an den Aktienmärten im November. Am Ende habe erneut die Euphorie um Künstliche Intelligenz den US-Aktienmarkt beflügelt und dafür gesorgt, dass zwischenzeitliche Verluste kompensiert werden konnten.
„Dabei spielte die Zahl 5.300 eine besondere Rolle. Die Investmentbank JPMorgan schätzt, dass die großen US-Technologieunternehmen in den kommenden 5 Jahren zusammen 5.300 Mrd. USD in den Ausbau von Datencentern, die dafür notwendige Energieversorgung sowie die allgemeine KI-Entwicklung investieren werden. Diese Summe entspricht der doppelten deutschen Staatsverschuldung oder 60.000 EUR pro Kopf der deutschen Bevölkerung“, erklärt der Investmentexperte.
Dies sei eine unvorstellbare Summe, die diese wenigen Firmen voraussichtlich investieren werden, ohne zu wissen, ob sich diese Investitionen jemals amortisieren. Die Sorge um eine etwaige fehlende Monetisierbarkeit von KI habe deshalb kurz den Aktienmarkt durchgeschüttelt, bevor in erster Linie Privatanleger bei den niedrigeren Kursen wieder beherzt zugriffen.
„Dennoch scheint die Sorge bei allen zu erwartenden Produktivitätssprüngen berechtigt, die Investitionsvolumina übersteigen selbst die besten Bilanzen der Glorreichen 7-Unternehmen, erstmals steht Schuldenaufnahme im Raum. Gleichzeitig wird offensichtlich, dass genannte Unternehmen zunehmend untereinander investieren in einer Art Kreislaufsystem. Somit steigt die wechselseitige Abhängigkeit bei einseitigem Fokus auf das Projekt Künstliche Intelligenz, während die schiere Größe der Unternehmen mehr als 30% des Weltaktienmarktes dominiert. Auf deutsch – es darf nichts schiefgehen, sonst drohen signifikante Rückschläge“, analysiert Böckelmann die Situation.
Hoffnung hätten die Anleger im Hinblick auf die US-amerikanische Notenbank FED. Diese sei zwar so tief gespalten wie selten in der US-Geschichte, aber die Tatsache, dass das US-Konsumentenvertrauen auf einen historischen Tiefststand gesunken sei, nähre die Hoffnung, dass sich die Notenbank im Spagat zwischen schwächelndem Arbeitsmarkt und hartnäckiger Inflation mit Zinssenkungen auf den Arbeitsmarkt und den Konsumenten fokussieren werde. Dabei würde immer deutlicher, dass eine Re-Industrialisierung der USA à la Trump nicht einfach funktionieren werde. Die Lohnkosten in den USA würden dramatisch steigen, während zeitgleich Asien, vor allem China, erstmals den Einsatz humanoider Roboter an den Fließbändern teste und somit weiter an relativer Wettbewerbsfähigkeit gewönne.
In Europa habe man sich hingegen daran gewöhnt, dass trotz dramatischen geopolitischen Drucks von außen und eines wirtschaftlichen Notstandes von innen wenig bis gar nichts passiere. Das Gelegenheitsfenster werde sich vermutlich in 2026 schließen, um noch erfolgreich dem Niedergang von Wachstum und Wohlstand etwas entgegensetzen zu können.
„Aber selbst wenn man politisch wollte – allein die Summen, die die USA und China in die Zukunft investieren, wären in Europa nur in einer konzertierten gemeinsamen Aktion aller Länder, des öffentlichen wie des privaten Sektors gemeinsam denkbar. Zumindest ein Brandbrief von 19 EU-Staatschefs an die Kommissionschefin von der Leyen ist geschrieben. Es ist bald Weihnachten und wir dürfen uns etwas wünschen. Vorerst bestimmen aber weiter die USA und China, deren Konflikte und geopolitisches Gebaren die Agenda für die Börsen bis zum Jahresende und vermutlich darüber hinaus“, resümiert Thomas Böckelmann.