Nach dem verheerenden Einbruch im Frühjahr haben risikobehaftete Anlagen sich so stark entwickelt, wie es ihnen im März wahrscheinlich niemand zugetraut hätte.
Nach einer kräftigen Aufwärtsbewegung in den Sommermonaten folgte eine Verschnaufpause im September und Oktober, bevor die Rally im November ihren Lauf fortsetzte. Mit einem Plus von 11,9 Prozent rangiert der November 2020 an Nummer zwei der stärksten Aktienmonate seit 1970, gemessen am MSCI World Index. Lediglich im Januar 1975 war ein noch stärkerer Anstieg zu verzeichnen.1
Kraft schöpfen die Märkte zum einen aus der Konjunkturerholung, welche für das Jahr 2021 einen deutlichen Anstieg bei den Unternehmensgewinnen erwarten lässt. Doch nicht nur die Gewinne ließen die Kurse steigen, sondern auch die Bewertungen. Nun könnte man zwar einwenden, dass zu Beginn eines Zyklus die Aussicht auf steigende Profitabilität regelmäßig durch höhere Bewertungsmultiplikatoren, allen voran das KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis), vorweggenommen wird. Aber selbst wenn man die erwarteten 2021er Gewinne zum Maßstab nimmt, liegen die Bewertungen deutlich über dem historischen Durchschnitt. Eine Ursache dafür dürfte am Rentenmarkt zu finden sein, wie aus unserem „Chart der Woche“ hervorgeht. Seit mehreren Jahren lässt sich eine interessante, inverse Korrelation zwischen der Aktienmarktbewertung und der Entwicklung von realen Staatsanleiherenditen2 beobachten.
Man sollte natürlich immer vorsichtig sein, Korrelation und Kausalität nicht miteinander zu verwechseln. In diesem Fall gibt es jedoch gute Gründe dafür, einen kausalen Zusammenhang zu vermuten. Der starke Verfall der Anleiherenditen zwingt viele Investoren, sich nach Alternativen umzusehen und auf andere, risikobehaftete, Anlagen auszuweichen. Womit auch zwei wesentliche Risiken für eine Fortsetzung der positiven Wertenwicklung ausgemacht sind. Da ist natürlich zum einen die weitere konjunkturelle Erholung, die wesentlich von der raschen Verfügbarkeit effizienter Impfstoffe abhängt. Zum anderen aber müssten die Realrenditen weiterhin niedrig bleiben.
Dazu können die Zentralbanken einen wesentlichen Beitrag leisten, indem sie die nominalen Zinsen niedrig halten und die Inflation etwas laufen lassen. Für die kommenden zwölf Monate gehen wir auch davon aus, dass sie das tun werden. "Da wir mit außergewöhnlich hoher Überzeugung davon ausgehen, dass das Zinsumfeld noch über unseren Prognosehorizont von einem Jahr niedrig bleiben wird, haben wir beschlossen, unsere Schätzung der Risikoprämie für Aktien zu reduzieren, was wiederum in höheren Ziel-KGVs zumindest für das kommende Jahr mündet", erklärt Thomas Bucher, DWS-Aktienstratege.