
Die Kommunistische Partei Chinas hat kürzlich ihr 15. Plenum abgehalten. Der Fokus lag dabei auf dem kommenden Fünfjahresplan (2026–2030). Aussagen von mit der Materie vertrauten Personen sowie Nachrichten aus anderen politischen Zusammenkünften machen eines deutlich: Die Zukunft gehört der Hochtechnologie.
Wie unser „Chart der Woche” zeigt, ist der Anteil des Hightech-Sektors an der gesamten Endnachfrage in Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) stetig gewachsen und wird voraussichtlich im Jahr 2026 bei 18,3 Prozent liegen – fast doppelt so hoch wie noch vor zehn Jahren.1)
Was ist das Neue an diesem Plan? Der Fokus auf technologische Unabhängigkeit scheint stärker denn je zu sein. China will sich insbesondere im Bereich Mikrochips von ausländischem Druck unabhängig machen und treibt Innovationen und technologische Verbesserungen vor allem in den Bereichen Computer, Kommunikation, Elektronik, Robotik und Elektromaschinen voran. Die politischen Entscheidungsträger setzen darauf, dass die Steigerung der totalen Faktorproduktivität (TFP) durch Hightech-Fertigung Gewinne, Steuereinnahmen und Arbeitsplätze generiert und somit letztlich zu steigendem Konsum führt.
Die Zahlen sprechen für sich. Von 2022 bis 2024 trug die Hightech-Fertigung 1,1 Prozentpunkte zum jährlichen BIP-Wachstum bei und glich damit teilweise die Belastung durch den Immobiliensektor aus, der das Wachstum um durchschnittlich 1,7 Punkte pro Jahr negativ beeinträchtigte. Laut Schätzungen von Bloomberg könnte die Hightech-Endnachfrage bald 20 Prozent des BIP erreichen, während der Anteil des Immobiliensektors von einem Höchststand von 30 bis 35 Prozent auf unter 20 Prozent gefallen ist.
Chinas technologische Fortschritte sind überall sichtbar: Die Dichte an Industrierobotern hat in den vergangenen fünf Jahren um 50 Prozent zugenommen, das Land ist weltweit führend bei Patentanmeldungen und sein Anteil an KI-Patenten steigt rasant an. Im Jahr 2023 entfielen fast 70 Prozent aller weltweit erteilten KI-Patente auf China.2)
Doch warum dieser unermüdliche Vorstoß? Erstens soll das langfristige Wachstumspotenzial gesteigert und dem demografischen Gegenwind sowie dem Wegfall des Immobiliensektors als Wachstumsmotor entgegengewirkt werden. Zweitens zielt China darauf ab, Selbstständigkeit in kritischen Technologien zu erreichen, was sowohl für den zivilen als auch für den militärischen Sektor von entscheidender Bedeutung ist.
Der Plan beschränkt sich jedoch nicht nur auf Hightech. Ein weiteres strategisches Ziel ist es, den Beitrag des Dienstleistungssektors an der allgemeinen Wirtschaftsleistung zu erhöhen. Dieser macht bereits mehr als die Hälfte des BIP-Wachstums aus. Es scheint enormes Potenzial für eine Steigerung des Dienstleistungskonsums zu geben, insbesondere in Bereichen wie Altenpflege, Bildung, Gesundheitswesen, Tourismus und Gastgewerbe, in denen die Nachfrage nach wie vor das Angebot übersteigt.
Die Belebung der Binnennachfrage hat ebenfalls Priorität. „Die Regierung arbeitet daran, das verfügbare Familieneinkommen zu erhöhen und das Sozialversicherungssystem zu reformieren”, sagt Elke Speidel-Walz, Chefökonomin für Schwellenländer bei der DWS. „Das sind wichtige Schritte, um Chinas hohe Sparquote zu senken und den Konsum anzukurbeln.”
Kurz gesagt ist Chinas neuer Fünfjahresplan ein mutiger Entwurf für eine technologiegetriebene, dienstleistungsorientierte und konsumgestützte Wirtschaft. Der Hightech-Sektor ist dabei nicht nur ein Wachstumsmotor, sondern auch der Dreh- und Angelpunkt der chinesischen Strategie zur Bewältigung globaler Unsicherheiten und Abhängigkeiten.
1) Sämtliche Finanzdaten – sofern nicht anders angegeben – von Bloomberg Finance L.P.; Stand: 12.11.2025
2) World Intellectual Property Organization; Stand: Mai 2024