Nach dem Einbruch im November hat sich die Stimmung in der österreichischen Wirtschaft vor dem Jahreswechsel wieder etwas aufgehellt.
„Das pandemiebedingte Auf und Ab der österreichischen Wirtschaft geht weiter. Der Verschlechterung der Konjunkturstimmung mit Beginn des zweiten Lockdowns folgte dank der Lockerung der Maßnahmen vor Weihnachten wieder eine Verbesserung des Wirtschaftsklimas. Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator ist im Dezember auf minus 1,1 Punkte gestiegen“, so UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. Im Dezember weisen erstmals seit Mitte 2017 alle Komponenten des Indikators auf eine Verbesserung der Konjunkturlage hin. „Das Konjunkturklima hat sich knapp vor Beginn des neuen Jahres auf breiter Basis verbessert. Die seit einiger Zeit zu beobachtende Aufspaltung der österreichischen Wirtschaft hat sich dabei jedoch nicht verändert. Während sich der Produktionssektor trotz Beschränkungen auf einem anhaltenden Wachstumskurs befindet, sind große Teile des Dienstleistungssektors in einem Wellenbad der Pandemiemaßnahmen gefangen“, so Bruckbauer.
Bessere Stimmung im Dezember, aber gestiegene Herausforderungen im Schlussquartal insgesamt
Der im Sommer eingesetzte Aufschwung der österreichischen Industrie hat sich bis zum Jahresende 2020 ungebrochen fortgesetzt. Die Stimmung im Sektor wird von den Unternehmen wieder ähnlich wie vor dem Ausbruch der Pandemie eingeschätzt, unterstützt durch die Belebung im globalen Handel. Allerdings beginnen sich die positiven Impulse aus dem Exportgeschäft, das aktuell durch eine Erholung in Asien angetrieben wird, etwas abzuschwächen.
Mehr Fahrt aufgenommen hat zum Jahresende hingegen die Bauwirtschaft, die auf gut gefüllte Auftragsbücher zurückgreift. Mit einer etwas verbesserten Verbraucherstimmung und der Lockerung für den Handel vor Weihnachten im Rücken hat sich auch das Konjunkturklima im Dienstleistungssektor gegenüber dem November aufgehellt, weiterhin herrscht allerdings starker Pessimismus vor.
Im Durchschnitt der vergangenen drei Monate erreichte der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator einen Wert von minus 1,6 Punkten, knapp unter dem Vergleichswert vom dritten Quartal. Der Indikator signalisiert damit eine Abschwächung der Wirtschaft gegen Ende 2020. „Wir gehen davon aus, dass die österreichische Wirtschaft Ende 2020 in eine neuerliche Rezession geschlittert ist, so dass sich im Gesamtjahr 2020 ein Einbruch der Wirtschaftsleistung von mehr als 7 Prozent ergeben haben dürfte. Damit war der BIP-Rückgang im Corona-Jahr 2020 etwas doppelt so stark wie im Jahr der Finanzkrise 2009“, meint Bruckbauer.
Pandemie hat Österreichs Wirtschaft weiter im Griff
Die jüngste Verbesserung des Konjunkturklimas im Österreich war nach Einschätzung der Ökonomen der UniCredit Bank Austria jedoch nur temporär. Angesichts der anhaltenden Infektionswelle und der neuerlichen Verschärfung des Lockdowns nach den Weihnachtsfeiertagen startete die österreichische Wirtschaft unter erschwerten Rahmenbedingungen ins Jahr 2021, die weiterhin insbesondere die Erbringung von Marktdienstleistungen, wie vor allem die Beherbergungs- und Gastronomiebranche beeinträchtigen.
Die Industrie und die Bauwirtschaft starten dagegen unter vergleichsweise günstigeren Voraussetzungen ins neue Jahr. Über den größten Teil des Winters ist aufgrund der Pandemie noch von einer schwachen, teilweise rückläufigen Wirtschaftsentwicklung auszugehen. Erst mit dem wärmeren Wetter und der flächendeckenden Durchimpfung der Bevölkerung im Laufe des kommenden Sommers werden die beschränkenden wirtschaftlichen Maßnahmen weitgehend verschwinden können.
„Nach den unverändert schwierigen Rahmenbedingungen über den Winter ist im zweiten Quartal eine von Basis- und Nachholeffekten angetriebenen Gegenbewegung der Konjunktur zu erwarten. Erst danach sollte auf Basis einer breiten und dann auch nachhaltigen Stimmungsverbesserung im zweiten Halbjahr 2021 eine grundlegende wirtschaftliche Erholung einsetzen können. Mit hoher Dynamik ab dem Spätsommer ist für 2021 ein Wirtschaftswachstum von über 3 Prozent in Sicht“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.
Der weitere Erholungsverlauf wird neben der Verfügbarkeit von Impfstoffen und der tatsächlichen Normalisierung des Wirtschaftslebens vom Ausgabeverhalten der Haushalte bzw. der Investitionsbereitschaft der Unternehmen abhängen. Nach der Verdoppelung der Sparquote während der Pandemie wird einerseits eine anhaltende Verunsicherung der Haushalte bestehen bleiben und nur einen allmählichen Rückgang der Sparquote und vice versa eine sehr begrenzte Erholung des Konsums zulassen.
Andererseits ist mit der Befreiung aus der Pandemie der Ausbruch einer Feierstimmung nicht auszuschließen, die ein Konsumfeuerwerk auslöst. Im Unternehmenssektor besteht das Risiko, dass als Reaktion auf die gestiegene Verschuldung während der Pandemie eine Phase des Schuldenabbaus mit starker Investitionsbeschränkung eingeleitet wird. Andererseits besteht eine große Notwendigkeit, die während der Pandemie zurückgestellten Investitionen nachzuholen und das günstige Finanzierungsumfeld zu nutzen.
„Die Entwicklung des Konsums und der Investitionen sind die für das Erholungstempo nach der Pandemie entscheidenden Parameter. Wir gehen von einer sehr zügigen Anpassung des Verhaltens der Konsumenten und der Unternehmen an eine Normalisierung der Lebensumstände aus. Wir erwarten 2022 eine anhaltend kräftige Konjunkturerholung mit einem BIP-Anstieg von über 5 Prozent“, so Pudschedl.
Weiterhin starke Wachstumsstützung durch expansiven Kurs der EZB
Während das Verhalten der Konsumenten und der Unternehmer in der Erholung ein Risiko für das tatsächliche Tempo des Aufschwungs sein werden, gibt es keine Zweifel hinsichtlich der zu erwartenden Geld- und Fiskalpolitik. Sowohl die EZB als auch die europäischen Regierungen werden mit einem expansiven Kurs auch 2022 eine starke Wachstumsunterstützung bieten. In Österreich zum einen weiterhin durch das nationale Corona-Hilfspaket sowie neue Konjunkturförderungsmaßnahmen, zum anderen wird die österreichische Wirtschaft von den positiven Effekten des verstärkten EU-Finanzrahmens für 2021-2027 sowie dem EU-Aufbauprogramm „Next Generation EU“ profitieren, das seine Wirkung 2022 voll entfalten sollte.
Nur zögerliche Entspannung am Arbeitsmarkt erwartet
Die Outputlücke, die durch die Pandemie entstanden ist, wird nach Einschätzung der Ökonomen der UniCredit Bank Austria voraussichtlich erst in der ersten Jahreshälfte 2022 geschlossen werden können. Unter den Folgen der Pandemie wird der Arbeitsmarkt sogar noch länger leiden, denn die wirtschaftliche Erholung wird zeitverzögert am Arbeitsmarkt ankommen. Nach einer ersten Entspannung am Arbeitsmarkt ab dem zweiten Quartal 2021, die aufgrund des Auslaufens der dritten Phase der Kurzarbeit Ende März 2021 anfangs sehr zögerlich erfolgen dürfte, ist erst ab 2022 mit einer spürbaren Verbesserung der Lage zu rechnen.
„Wir erwarten nach einer Arbeitslosenquote von 9,9 Prozent im Jahr 2020 einen Rückgang auf 9,6 Prozent im Jahresdurchschnitt 2021 bzw. auf 8,7 Prozent im Jahresdurchschnitt 2022. Ende 2022 wird die saisonbereinigte Arbeitslosenquote voraussichtlich bei rund 8,3 Prozent und damit noch deutlich über dem Vorkrisenniveau liegen“, sagt Pudschedl. Knapp vor Ausbruch der Pandemie Anfang 2020 war die saisonbereinigte Arbeitslosenquote in Österreich auf 7,2 Prozent gesunken.
Inflation mit leichter Aufwärtstendenz ab dem Frühjahr
Nach sehr moderaten Werten zu Jahresbeginn wird die Inflation im weiteren Verlauf des Jahres 2021 ansteigen. Dafür ist zum einen die Entwicklung des Ölpreises maßgeblich, der im Vorjahr ab März mit Ausbruch der Pandemie durch den starken Einbruch auf zwischenzeitlich deutlich unter 30 Euro pro Barrel die Teuerung spürbar gedämpft hat. Ab dem Frühjahr wird daher ein starker Basiseffekt verursacht durch den Ölpreis die Inflation anziehen lassen.
Zum anderen ist davon auszugehen, dass die erwartete Konjunkturbelebung nachfragebedingt zu einer höheren Preisdynamik insbesondere in verschiedenen Dienstleistungsbereichen führen wird. Insbesondere die Öffnung des Beherbergungs- und Gastronomiebereichs könnte die heimische Inflation temporär spürbar beeinflussen. „Trotz des klaren Aufwärtspotenzials der Inflation in Österreich ab dem Frühjahr 2021 wird die Teuerung im Jahresdurchschnitt mit 1,5 Prozent voraussichtlich genauso gering wie im Vorjahr ausfallen. Mit der Beschleunigung der Erholung ist für 2022 jedoch ein Anstieg der Inflation auf 1,9 Prozent zu erwarten“, so Pudschedl.