^

 

 Suche  | Sitemap  | Mediadaten  | Kontakt  | Impressum  | Datenschutz
       
Sonntag, 26. Oktober 2025
   
 

Arbeit: Wann ist sie gesund, wann macht sie krank?

Interview mit Prof. Dr. med. Petra Beschoner



Arbeit kann Sinn stiften, das Selbstwertgefühl stärken und unser Leben bereichern – sie kann aber auch zum größten Stressfaktor werden und die Gesundheit ernsthaft beeinträchtigen. Warum die Grenze oft fließend verläuft, welche Warnsignale wir ernst nehmen sollten und was Unternehmen sowie Beschäftigte tun können, erklärt Prof. Dr. med. Petra Beschoner, Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin und Ärztliche Leiterin der Akutklinik Bad Saulgau.

Ab wann ist Arbeit eigentlich gesund – und wann nicht mehr?
Prof. Dr. med. Petra Beschoner:
Arbeit kann ein zentraler Schutzfaktor für die psychische Gesundheit sein. Sie gibt dem Alltag Struktur, fördert soziale Kontakte und das Gefühl, gebraucht zu werden. Wer Anerkennung erfährt, mitgestalten kann und sieht, dass die eigene Leistung einen Unterschied macht, stärkt damit sein Selbstwertgefühl und seine seelische Stabilität.

Kippt jedoch das Gleichgewicht zwischen Anforderungen und Ressourcen dauerhaft, können gesundheitliche Probleme auftreten. Typische Warnzeichen sind anhaltende Erschöpfung, Gereiztheit, Schlafstörungen oder das Gefühl, nur noch zu ‚funktionieren‘. Entscheidend ist jedoch nicht ein einzelner anstrengender Tag, sondern das Fehlen von Erholung, Wertschätzung und Ausgleich über längere Zeit.


Stress gehört für viele einfach dazu. Wann wird er gefährlich?
Prof. Dr. med. Petra Beschoner:
Stress ist zunächst nichts Negatives – er kann Energie freisetzen und sogar motivieren. Problematisch wird es, wenn er chronisch wird und der Körper nicht mehr ‚abschalten‘ kann. Ohne ausreichende Pausen steigt das Risiko für Depression oder Burn-out, aber auch für körperliche Probleme wie Bluthochdruck, Spannungskopfschmerzen oder Tinnitus.

Spielt die Persönlichkeit eine Rolle beim Umgang mit Druck?
Prof. Dr. med. Petra Beschoner:
Ja, Menschen unterscheiden sich darin, wie sie Stress verarbeiten. Resilienz – also seelische Widerstandskraft – hängt etwa mit Optimismus, Problemlösefähigkeit oder sozialer Unterstützung zusammen. Sie lässt sich gezielt stärken: durch gesunde Routinen, Achtsamkeit, regelmäßige Entspannungsphasen und den Aufbau stabiler Beziehungen oder eine realistische Einschätzung der eigenen Grenzen.

Gibt es Gruppen, die stärker gefährdet sind?
Prof. Dr. med. Petra Beschoner:
Besonders betroffen sind Menschen in sozialen Berufen, also Pflege, Erziehung oder Medizin, weil sie oft hohen emotionalen Belastungen ausgesetzt sind. Auch Beschäftigte in unsicheren Arbeitsverhältnissen, mit Schichtarbeit oder fehlender Planbarkeit, haben ein erhöhtes Risiko. Und wir sehen zunehmend auch junge Erwachsene, die unter Druck geraten, weil sie hohe Erwartungen an sich selbst haben und gleichzeitig in einer sehr instabilen Arbeitswelt starten.

Welche Arbeitsbedingungen belasten – und welche schützen?
Prof. Dr. med. Petra Beschoner:
Kritisch sind vor allem mangelnde Wertschätzung, fehlende Mitgestaltungsmöglichkeiten, ständige Erreichbarkeit oder unrealistische Ziele. Auch ein Klima der Angst kann psychisch enorm belasten. Schutzfaktoren sind dagegen eine offene Fehlerkultur, klare Strukturen, ein wertschätzendes Miteinander und echte Mitbestimmung. Homeoffice ist ein gutes Beispiel: Es kann die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben verbessern – birgt aber auch die Gefahr von Isolation, Entgrenzung und Selbstausbeutung. Klare Regeln zu Arbeitszeiten und Erreichbarkeit sind daher entscheidend.

Welche Probleme treten auf, wenn Arbeit krank macht?
Prof. Dr. med. Petra Beschoner:
Am häufigsten sehen wir depressive Episoden, Burn-out, Angst- und Anpassungsstörungen. Nicht selten gehen diese mit körperlichen Symptomen wie Einschlaf- oder Durchschlafproblemen, Magen-Darm-Beschwerden, Herz-Kreislauf-Leiden, erhöhter Infektanfälligkeit oder Hautproblemen einher. Viele suchen zunächst wegen körperlicher Beschwerden Hilfe – die psychische Ursache wird meist erst später erkannt.

Was können Arbeitgeber konkret tun?
Prof. Dr. med. Petra Beschoner:
Prävention ist entscheidend. Dazu gehören eine offene Kommunikation über Belastungen, regelmäßige Mitarbeitergespräche, flexible Arbeitszeitmodelle und Angebote wie Coaching oder Supervision. Führungskräfte spielen hier eine Schlüsselrolle: Sie leben gesunde Arbeitsweisen vor, prägen damit maßgeblich die Unternehmenskultur, erkennen Überlastung idealerweise frühzeitig und gehen selbst mit gutem Beispiel voran.

Was können Betroffene selbst tun?
Prof. Dr. med. Petra Beschoner:
Wichtig ist, eigene Warnsignale ernst zu nehmen. Regelmäßige Pausen, klare Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit sowie bewusste Erholung helfen, gegenzusteuern. Halten Symptome wie chronische Erschöpfung, Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit und Ängste mehrere Wochen an, sollte unbedingt professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden – je früher, desto besser.

Hat die Zahl psychisch belasteter Menschen in den letzten Jahren zugenommen?
Prof. Dr. med. Petra Beschoner:
Ja, deutlich. Wir sehen heute mehr arbeitsbedingte psychische Erkrankungen als noch vor einigen Jahren. Gründe liegen unter anderem in steigendem Leistungsdruck, Unsicherheiten durch Digitalisierung, Globalisierung und gesellschaftlichen Krisen. Positiv ist aber: Die Bereitschaft, Hilfe zu suchen, ist ebenfalls gestiegen.

Was wird in Zukunft besonders wichtig sein?
Prof. Dr. med. Petra Beschoner:
Die größte Herausforderung sind die ständige Erreichbarkeit und das hohe Tempo unserer Arbeitswelt. Wenn Arbeit rund um die Uhr stattfindet, brauchen wir neue Schutzmechanismen. Gleichzeitig bietet Digitalisierung Chancen – etwa durch flexiblere Modelle, bessere Vereinbarkeit und digitale Präventionsangebote. Entscheidend wird sein, diese Möglichkeiten nicht nur bewusst und gesund zu gestalten, sondern auch zu nutzen.

Bild: Jürgen Hofstätter

 

Veröffentlicht am: 26.10.2025

AusdruckenArtikel drucken

LesenzeichenLesezeichen speichern

FeedbackMit uns Kontakt aufnehmen

FacebookTeile diesen Beitrag auf Facebook

Nächsten Artikel lesen

Vorherigen Artikel lesen

 

Neu:


 

 

 

 

Werbung

Werbung

 

 

 

Werbung

             

 

Besuchen Sie auch diese Seiten in unserem Netzwerk:
| Börsen-Lexikon
| Fotograf Fotomensch Berlin
| Geld & Genuss
| gentleman today
| genussmaenner.de
| geniesserinnen.de
| instock.de
| marketingmensch | Agentur für Marketing, Werbung & Internet
| Unter der Lupe

© 2024 by frauenfinanzseite.de, Groß-Schacksdorf. Alle Rechte vorbehalten.