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Montag, 29. April 2024
   
 

Stolpergefahr durch gestiegene Zinsen

... von Dominikus Wagner, Firmengründer von Wagner & Florack und Fondsmanager



Die jahrelange Liquiditätsflut der Notenbanken hat bei vielen Unternehmen zu einer gefährlichen Konservierung ineffizienter Strukturen geführt. Viele hoch verschuldete Firmen und Staaten wurden so vor der Pleite gerettet. Der von Joseph Schumpeter als „schöpferische Zerstörung” beschriebene Prozess der Auslese fand nicht mehr statt; Neues konnte immer seltener entstehen.

Nach Meinung von Dominikus Wagner, Firmengründer und Fondsmanager des Wagner & Florack Unternehmerfonds, hat die lange Phase des billigen Geldes in vielen Bereichen zu Sorglosigkeit und Fehlallokationen geführt. „Nun herrscht Ebbe bei der Liquidität an den Finanzmärkten, der Rückenwind der Zentralbanken bleibt erst einmal aus. Durch die signifikant gestiegenen Zinsen und Finanzierungskosten trennt sich nun die Spreu vom Weizen“, meint Wagner

Unternehmen in der Schuldenfalle
Für Unternehmen, die sich jetzt refinanzieren müssen, wird das nicht nur deutlich teurer. Wagner ist überzeugt: „Insbesondere bei hoch verschuldeten Firmen mit qualitativ schwachen Geschäftsmodellen kann sich das zu einem existentiellen Risiko auswachsen.“ Betroffen seien in erster Linie kapitalintensive Firmen mit chronisch schwachen Margen und begrenzten Skaleneffekten bei hoher Wettbewerbsintensität. Häufig seien hohe Fremdkapitalquoten ein Zeichen mangelnder Qualität. „Qualitativ schwache Unternehmen nutzen diese gerne dazu, ihre Eigenkapitalrendite künstlich zu erhöhen. Firmen, die es sich aufgrund der Natur ihres zyklischen und kapitalintensiven Geschäftsmodells eigentlich nicht leisten konnten, sind in der Phase der Tiefzinsen den Verlockungen der Investmentbanken verfallen und haben „teures“ Eigenkapital in ihrer Bilanz durch „billiges“ Fremdkapital substituiert. Das ist eine gefährliche Schönwetterdenke, weshalb wir uns an dieser Art von Unternehmen aus Prinzip nicht beteiligen.“

Oft fehle bei solchen Unternehmen die nötige Flexibilität für Restrukturierungen und Innovationen. Selbst für ertragsstarke Firmen können Anschlussfinanzierungen unerwartet schnell ausfallen oder nur zu plötzlich stark steigenden Zinsen ermöglicht werden. Diese Risiken materialisieren sich immer wieder, wie die jüngsten Pleiten und Schieflagen zum Beispiel beim Immobilienkonzern Signa, dem Modeunternehmen Gerry Weber, der Schweizer Großbank Credit Suisse oder dem Industrieunternehmen Siemens Energy zeigen. Aber auch Firmen, denen Analysten rosige Zukunftsaussichten prophezeien, können zum Opfer einer hohen Verschuldung werden.

Amazon: Zu wenig Geld für Investitionen
Zu den „No-Gos“ bei Wagner & Florack zählen nicht nur bekannte chronisch margenschwache, kapitalintensive Hochschuldenfirmen wie z.B. Lufthansa oder Volkswagen. Bei unternehmerischer Betrachtung ist Amazon ebenfalls eine Hochschuldenfirma. So betrug Amazons Nettoverschuldung (inklusive Net Working Capital und Leasingverbindlichkeiten) zum Ende des dritten Quartals 2023 fast 140 Mrd. USD. „Das sind sehr kritische Dimensionen“, urteilt Wagner. „Amazon erzielt nach wie vor keinen wirklichen, unternehmerischen Gewinn  (Free Cash Flow). Mit nicht einmal 4 Mrd. US-Dollar im laufenden Geschäftsjahr ist der freie Barmittelzufluss sehr überschaubar und entspricht bei einem Umsatz von 405 Mrd. US-Dollar einer Free Cash Flow-Marge von weniger als einem Prozent.“  Das sei mehr als dürftig, wenn auch eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Geschäftsjahr 2022, als bei einem negativen Free Cash Flow von minus 20 Mrd. US-Dollar massiv Geld verbrannt wurde. Die weit verbreitete Hoffnung, der Online-Handel würde sich irgendwann durch das Umsatzwachstum und positive Skaleneffekte zum Margenbringer entwickeln, teilt Wagner nicht: „Die These positiver Skaleneffekte wird durch die Realität immer wieder aufs Neue widerlegt, weil das Umsatzwachstum mit enormen Investitionen in Lager, Logistik und Betriebskapital unterfüttert werden muss. Das belastet den Free Cash Flow massiv.“ Durch den gewaltigen Kapitalbedarf, den der Online-Handel verschlingt, werde zudem die Cloud-Sparte AWS stark gebremst. „Hier müsste viel mehr investiert werden, zumal die Konkurrenz, allen voran Google und Microsoft, in den Bereichen Cloud und Künstliche Intelligenz gerade Vollgas gibt“, meint der Manager.

Beiersdorf: Wert und Substanz
Ein positives Kontrastbeispiel zu Amazon sei Beiersdorf. Ähnlich wie den meisten anderen Konsumgüterfirmen hafte dem Hamburger Kosmetik- und Klebstoffkonzern ein langweiliges Image an. Ein Irrtum, meint Wagner: „Beiersdorf ist inzwischen eine sehr dynamisch wachsende Firma, die seit 2019 im Rahmen eines Effizienz- und Wachstumsprogramms eine Phase erhöhter Investitionen durchläuft. Das zeigt sich bereits im Wachstum und der Profitabilität des Unternehmens.“ Gleichzeitig fühlt sich Wagner als langfristiger Miteigentümer von Beiersdorf durch die makellose Bilanz mit einer Nettofinanzposition von 4,7 Mrd. Euro im Vergleich zu Firmen wie Amazon bestmöglich geschützt.

Gewinner und Verlierer
Erstklassige Firmen, die nur gering verschuldet sind oder idealerweise sogar eine Nettokasse-Position aufweisen, können ihre Free Cash Flows innerhalb weniger Jahre deutlich steigern. Diese Unternehmen sind nicht auf Fremdkapital angewiesen oder können sich neues Geld aufgrund ihrer Finanzstärke vergleichsweise günstig am Kapitalmarkt beschaffen. Im Vergleich zu schlechter positionierten, kapitalintensiven und (höher) verschuldeten Firmen können sie ihre Stärken weiter ausbauen, indem sie in Forschung & Entwicklung oder in die Übernahme finanzschwacher Firmen mit interessanten Produkten oder Technologien investieren. Während Wagner erstklassige Firmen wie Apple, Beiersdorf, Microsoft oder Visa zu klaren Gewinnern der gestiegenen Zinsen zählt, hält er die Unfallgefahr bei stark verschuldeten Firmen für immens hoch. Das beste „Risikomanagement“ ist und bleibt für ihn das Investieren in robust Cash Flow-starke Unternehmen mit hoher Bilanzqualität.

 

Veröffentlicht am: 01.12.2023

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