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Montag, 20. Mai 2024
   
 

Warnsignale ja, Verkaufssignale nein

Kommentar von Beat Thoma, CIO bei Fisch Asset Management in Zürich



Nach einem starken Start ins Jahr war der April ein schwieriger Monat für die Finanzmärkte. Die globalen Aktienmärkte kamen unter Druck, während die langfristigen Zinsen anstiegen. Dies hing teilweise mit der hartnäckigen US-Inflation zusammen und es kamen Zweifel auf, ob die Fed dieses Jahr die Zinsen überhaupt noch senken könne. Entsprechend hat die Fed Anfang Mai auch keinen Hinweis auf eine baldige Änderung ihrer Zinspolitik gegeben.

Spiegelbildlich zur hartnäckigen Inflation sind die US-Einzelhandelsumsätze als Zeichen einer robusten Konjunktur im März erneut deutlich angestiegen. Gründe dafür sind ein starker Arbeitsmarkt, steigende Löhne, hohe Verzinsung auf Ersparnissen und steigende Aktienmärkte mit entsprechend positiven Vermögenseffekten. Aber alle diese positiven Faktoren basieren letztlich auf nicht nachhaltig hohen Staatsausgaben und Restliquidität im Bankensystem aus der Pandemiezeit. Dies wiederum führt zu Aufwärtsdruck bei den langfristigen Zinsen, der Inflation und den Inflationserwartungen.

Allerdings wirken einem Zinsaufwärtsdruck auch starke gegenläufige Kräfte entgegen. Einerseits wird die bisher wichtige inflations- und markttreibende Liquiditätsquelle im US-Bankensystem (‚Overnight Reverse Repo Facility‘) bald versiegen. In den vergangenen Monaten sind hier mehr als 2000 Milliarden US-Dollar in die Märkte geflossen und es bleiben jetzt nur noch rund 440 Milliarden übrig. Das wird in absehbarer Zeit zu rückläufigem Geldmengenwachstum führen und damit dämpfend auf Inflation und Zinsen wirken. Zudem zeigen verschiedene Sektoren und Segmente (verarbeitendes Gewerbe und der US-Mittelstand) schon seit längerem Schwächen. Dies könnte in den nächsten Monaten auf den bisher robusten Konsum übergreifen und noch in diesem Jahr zu einer schwächeren Konjunkturdynamik führen. Auch dies wäre vorübergehend zinsdämpfend. Zudem würde in diesem Fall die Fed mit großer Wahrscheinlichkeit mit Zinssenkungen eingreifen und möglicherweise sogar wieder Staatsanleihen kaufen.

Generell scheinen momentan die Aktien- und Kreditmärkte die vorhandenen Gefahren zu ignorieren. Die Marktstimmung ist positiv und die Risikoprämien sind tendenziell rückläufig. Nebst der noch robusten US-Wirtschaft ist dies nicht zuletzt auf den Hype um künstliche Intelligenz zurückzuführen, wovon vor allem die ‚Magnificent Seven‘ bisher profitiert haben. Künftig werden Anleger jedoch zunehmend ihren Fokus auf daraus resultierende Gewinne setzen und aufgrund der hohen Bewertungen kann es jederzeit zu einer Ernüchterung und Korrekturen kommen. Zusammen mit den makroökonomischen Ungleichgewichten dürfte dies zu steigender Volatilität sowie technischen Korrekturen an den Aktien- und Kreditmärkten führen. Auch ist eine Sektorrotation von Wachstumssektoren in Value- und Rohstoff-Bereiche möglich. Entsprechend erscheint uns der aktuelle Goldpreisanstieg im Gegensatz zur US-Dollar-Stärke gut abgestützt. Für die Aktien- und Kreditmärkte liefern unsere kurzfristigen Indikatoren lediglich Warn-, aber noch keine eindeutigen Verkaufssignale. Wir bleiben deshalb vom Risikoexposure her noch neutral, bei der Duration aber vorsichtig positioniert.

Abschließend noch ein interessanter Fakt: Das berühmte Fed-Modell, welches das Zinsniveau mit der Ertragskraft der S&P 500-Aktiengesellschaften vergleicht und auf den legendären Fed-Präsidenten Alan Greenspan zurückgeht, liefert erstmals seit 22 Jahren ein Warnsignal für den Aktienmarkt. Aufgrund des jüngsten Anstiegs der Zinsen für 10-jährige US-Staatsanleihen und der gleichzeitigen Verteuerung des US-Aktienmarkts in Form höherer Kurs/Gewinn-Verhältnisse liegt die Staatsanleihenrendite seit kurzem über der Gewinnrendite (Earnings Yield = 1/KGV) von US-Aktien. Laut Fed-Modell ist es derzeit deshalb ertragsreicher, in Staatsanleihen (ohne jegliches Kreditrisiko) zu investieren als in Aktien. Dieses Signal deutet auf einen Paradigmenwechsel von einem deflationären zu einem inflationären Umfeld mit tendenziell höheren langfristigen Zinsen hin. Insgesamt suchen die Aktien- und Zinsmärkte derzeit nach einem neuen Gleichgewicht. Da zusätzlich ein enormer Anstieg bei der US-Staatsverschuldung hinzukommt, wird der Zinsdruck noch verstärkt. Unmittelbare große Gefahren für die Aktien- und Zinsmärkte sehen wir zwar noch nicht. Im Notfall könnte ein weiterer Zinsanstieg durch erneute Staatsanleihenkäufe (QE) der Fed gedämpft werden. Aber vielfach handelt es sich bei solchen Maßnahmen um eine Symptombekämpfung und nicht um die Lösung des Problems.

 

Veröffentlicht am: 10.05.2024

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